Der Fjord oder wo die Sehnsucht wohnt

Also nüchtern betrachtet ist ein Fjord ja ein schmaler, langgestreckter Meeresarm, der tief ins Landinnere reicht und an drei Seiten von Festland begrenzt ist. Aber wer will schon nüchtern betrachten, wo wahrscheinlich jeder, den man auffordert einen Begriff mit Norwegen zu assoziieren das Wort „Fjord“ nennen wird. Und ja – jeder, der schon einmal am Ufer eines selbigen gestanden hat, nimmt die Erinnerung an das ruhige Wasser, den Spiegel der Berghänge in den sanften Wellen, die steilaufragenden Bergwände, das satte grün und die schneebedeckten Gipfel in seinen Erinnerungen mit nach Hause. Die Natur hat hier Norwegen besonders beglückt, denn die Vielfalt der Fjorde ist schier unendlich.

Lysefjord

Lysefjord

Mal breiten sie sich großzügig aus, mal haben sie sich so eng ins Gebirge gefurcht, dass man nahezu Platzangst bekommt. Im Nærøyfjord in der Provinz Sogn og Fjordane, der sich engster Fjord der Welt nennen darf, macht die Natur jedem Besucher unmißverständlich klar, mit welcher Gewalt die Fjordlandschaft in der Eiszeit entstanden ist. Man hält förmlich den Atem an, wenn man per Schiff passiert, denn 1700m hohe Steilwände, die einen gerade mal 250m breiten Fjord säumen, hinterlassen Ehrfurcht. Und auch was Schiffe so herrlich gerne tun, nämlich kräftig ins Horn blasen, müssen sie sich hier verkneifen, es sei denn man will den Rest des Tages unter einer Steinlawine verbringen, die das Horn ohne weiteres auslösen kann.

Nærøyfjord, Copyright: Øyvind Heen - Visitnorway.com

Nærøyfjord, Copyright: Øyvind Heen – Visitnorway.com

Den Titel „Längster Fjord der Welt“ hat zwar Grönland Norwegen weggeschnappt, aber immerhin kann Norwegen mit dem zweit- und drittlängsten Fjord der Welt aufwarten (Sognefjord und Hardangerfjord). Unberührte Natur ist Programm, die Landschaft befindet sich sozusagen im Zustand zu Wikingerzeiten. Aber es besteht keine Helmpflicht. 😉

Trotzdem darf man davon träumen, wie es war als die Wikinger hier noch die Segel hissten und zu neuen Ufern aufbrachen. Stabkirchen, Nationalparks, alles befindet sich in ganz Norwegen meist in Fjordnähe. Sich an Deck eines Schiffes gemütlich durch die Fjorde fahren lassen gibt einem zwar mehr Zeit für Drinks und Snacks an Bord, der Profi gibt sich aber gleich die Natursupersause. Per Pedes oder mit dem Bike gelangt man zu den schönsten Aussichtspunkten und der Supercrack nimmt gleich das Zelt mit, denn dank des Allemannsretten, des Allmannsrechts, darf man in Norwegen nahezu überall sein mobiles zuhause aufschlagen und nachts in den Sternenhimmel schauen. Tagsüber darf man sich der Beeren und Pilze bedienen, die die Natur bereit hält. Ja so kommt man dem Wikingerleben schon ein Stück näher.

Idylle am Sunnfjord

Idylle am Sunnfjord

Aber egal ob mit dem Schiff oder als Abenteurer, die Ruhe, die die Fjorde ausstrahlen, packt jeden. Praktischerweise hat die Natur selbst dafür gesorgt, denn die seichten Fjordmündungen versagen dem Meer seinen Wellengang erfolgreich ins Fjordwasser zu übertragen.

Also abends am Fjord sitzen, aufs aalglatte Wasser schauen und Norwegen erteilt jedem eine Lektion im runterkommen. Garantiert! 🙂