Wo der Polarkreis wohnt und die Berge Löcher haben – Helgeland

Mo i Rana, hier kann man den Polarkreis riechen. Die größte Stadt der Region Helgeland liegt gerade einmal achtzig Kilometer von ihm entfernt. Nun ja ein Kleinod ist die Stadt vielleicht nicht, viel Schwerindustrie eben. Aber der Polarkreis. Irgendwie übt er eine besondere Faszination auf mich aus. Ich finde, dass immer, wenn man ihn nach Norden überschreitet, die Natur leise sagen will: ab hier ist es anders. Man bewegt sich ja auch sozusagen aus der gemäßigten Zone ins Polargebiet. Ab hier gibt es Mitternachtssonne und Polarnacht und natürlich die Nordlichter. Sie sind ja nicht IMMER so gnädig, dass sie sich selbst bis zu uns nach Oslo hinunter bemühen. Ok, unmittelbar am Polarkeis sind auch Dauerhelligkeit und Dauerdunkel ein eher kurzes Vergnügen, aber hier beginnt die magische Zone. Natürlich ist der Polarkreis überall markiert, so dass man ihn, egal ob man ihn zu Land oder zu Wasser überschreitet, nicht verpassen kann.

Polarkreisgrenze, Copyright: Rune Fossum / www.nordnorge.com / Rødøy

Polarkreisgrenze, Copyright: Rune Fossum / http://www.nordnorge.com / Rødøy

Aber Polarkreis hin oder her: er markiert das Ende der Region, wir starten also südlich. Schließlich gibt es im Gebiet Helgeland ja noch viel mehr zu sehen. Also ein paar Tage zurückspulen. Start Oslo. Ok, es sind dann doch ein paar Kilometer bis man die Grenze zur Provinz Nordland passiert, aber die E6 zieht sich netterweise durch ganz Norwegen, kein Verfahren, man folgt einfach der Straße und Natur hat man auch noch drumherum. Nun ja, je nachdem, wo man hin will, muss man sich dann doch ein wenig durch den Küstenstraßendschungel kämpfen und von der E6 abweichen. Zum Beispiel, wenn man den Torghatten sehen will. Aber man muss ihn einfach besuchen. Er liegt in unmittelbarer Küstennähe auf der Insel Torget. Unverwechselbares Kennzeichen: ein Loch im Bauch. Und hier muss man nicht einmal grübeln, wie es denn da rein gekommen ist, denn Norwegen liefert die Legende gleich dazu.

Copyright: Ronny Lien / www.visithelgeland.com / Brønnøy

Copyright: Ronny Lien / http://www.visithelgeland.com / Brønnøy

Sie rankt sich um Liebe, eine wilde Jagd und die aufgehende Sonne, die schließlich alles versteinerte. Man soll nach der Liebsten eben nicht mit Pfeilen werfen, so wie es der Königssohn Hestmannen tat. Der Pfeil konnte durch den Wurf eines Hutes aufgehalten werden. Das Loch, das selbiger im Hut hinterließ, ist eben heute noch im Felsen zu sehen. Die versteinerte Kopfbedeckung in Form des Torghatten ist jedoch nicht das einzige Überbleibsel dieser Legende. Weiter nördlich auf der Insel Alsten südlich von Sandnessjøen liegen die sieben Schwestern. Ursprünglich die nichtbeachteten Geschwister der hübschen Lekamøya. Ja, Hestmannen hatte eben nur Augen für seine Angebetete. Das Versteinerungsschicksal blieb allerdings auch den Schwestern nicht erspart. Bei Sonnenaufgang erstarrten auch sie zu Felsen. Heute liegen sie in Form von markanten Gipfeln aufgereiht und erfreuen den Besucher mit einem zauberhaften Blick von der Küstenstraße 17 aus oder wenn man mit den Hurtigruten vorbeischippert. Ja, das ist Norwegen-Romantik.

Sieben Schwestern, Copyright: Erlend Haarberg / www.visithelgeland.com / Herøy

Sieben Schwestern, Copyright: Erlend Haarberg / http://www.visithelgeland.com / Herøy

Und dann gibt es noch einen besonderen Naturleckerbissen. Bewegt man sich wieder ein Stück weiter nach Norden, gelangt man zum Vega-Archipel, der unmittelbar vor der Küste liegt. UNESCO-Welterbe wird man so schnell nicht, aber die 6.000 Inseln haben sich ihren Platz in der Liste erobert. Schließlich erfreute sich Tier und Mensch hier immer einer besonderen Symbiose. Wo der Mensch den Eiderenten einen behüteten Nistplatz gab, bedankten sich die Enten eben mit den zurückgelassenen Daunen, die der Mensch wiederum zu hochwertigen Daunendecken verarbeitete, die in die ganze Welt verkauft wurden. So geht Zusammenspiel zwischen Tier und Mensch und ein paar der Bruthäuschen sind immer noch in Betrieb. Logisch, dass der Vega-Archipel auch ein Paradies für Vogelbeobachtung ist.

Copyright: VegaVega, Hauptinsel des Vega-Archipels, Copyright: Opplevelsesferie / www.visithelgeland.com / Vega

Vega, Hauptinsel des Vega-Archipels, Copyright: Vega Opplevelsesferie / http://www.visithelgeland.com / Vega

Weiter geht es nach Norden. Zum Svartisen Nationalpark. Einer der schönsten in Norwegen, weil er so abwechslungsreich ist. Berge, Gletscher, Täler, durch die sich Flüsse schlängeln, Hochebenen. Für jede Kondition etwas. Und hier schließt sich der Kreis – der Polarkreis. Durch den Park verläuft er und das sieht man. Viele Pflanzenarten machen in ihrer Ausbreitung vor ihm stopp als wollten sie sagen: in der Polarregion ist es uns zu kalt. Umgekehrt weigert sich die Polarvegetation seine Grenze nach Süden zu überschreiten. Natur ist eben intelligent.

Für dieses mal ist tourenmäßig Schluß. Den Vorstoß noch weiter nach Norden heben wir uns für eins der nächsten Abenteuer auf. Schließlich muss man sich die Vorfreude bewahren. Im Norwegen-Herz! 🙂