Spring kiss oder: Die Hurtigrute wird jetzt wieder zur Sonnenrute Teil 1 !

Nordnorwegen hat lange darauf gewartet. Jetzt ist sie wieder da. Die Sonne. Vorbei das Ich-hab-um-14-Uhr-schon-das-Gefühl-dass-es-19-Uhr-ist-feeling. Bevor das Ganze aber in die umgekehrte Richtung läuft, hat man jetzt im Frühjahr auch im hohen Norden so etwas wie ausgewogene Verhältnisse was Tages- und Nachtlänge angeht. Und so sieht man auch wieder  viel mehr von der Landschaft, während man die norwegische Küste mit der Hurtigrute entlang schippert.

Natürlich geht es wie immer los in Bergen. Auch im Frühjahr muss man sich noch damit begnügen die Stadt nur im Dunkeln zu bestaunen, wenn das Schiff ablegt, es sei denn man hat sich noch ein Bergen-Vorprogramm gegönnt. Und eine Mütze auf dem Kopf tut auch noch ziemlich gut, denn die Temperaturen sind noch nicht SO im Im-T-Shirt-an-Deck-Modus. Aber die Vorfreude auf den ersten langen Stopp am nächsten Tag ist schon da. Ålesund winkt. Obwohl der Halt in DER Jugendstilstadt Norwegens so herrlich mitten im Tag liegt und man Ålesund dadurch ganzjährig im Tageslicht bestaunen kann, verändert sich das Licht doch mit dem Frühlingserwachen. Ein guter Moment um den Aksla, den Hausberg, zu erklimmen. Schließlich hat man von dort die ganze Stadt im Blick samt zugehöriger Inseln.

Ålesund, Copyright: insidenorway

Ålesund, Copyright: insidenorway

Man keucht also hinauf. 414 Stufen. Netterweise wurden bei der Renovierung der Treppenstufen überall Haltepunkte eingebaut, auf denen man sich niederlassen kann. Für die Konditionsschwachen. Den besten Blick hat man natürlich von ganz oben. Die Stadt, die Sunnmøre-Alpen, einfach herrlich. Und auch das Hurtigruten-Schiff sieht man am Kai liegen, wo es brav auf die Rückkehr der Reisenden wartet.

Am Nachmittag geht es dann weiter. Kurs Nord. Kurzer Stopp in Molde und Kristiansund und  schon ist Trondheim in Sicht. Tag drei ist Frühaufstehertag. Schließlich legt man um sechs Uhr morgens bereits an. Nebenan liegt Kollege südgehend. Man kann also auf einen Besichtigungssprung rübergehen. Danach: die Stadt erkunden. Für mich persönlich ist Trondheim ja eine meiner Lieblingsstädte, obwohl sie sich auf der Schwelle zur wärmeren Jahreszeit noch nicht entscheiden kann, ob es noch Winter ist oder bereits Frühjahr. Im Winter bin ich ja gerne mit Spikes unterwegs, einfach um sicher zu gehen, dass auch nach dem Spaziergang noch alle Knochen heil sind. Das kann man im Zwischen-den-Jahreszeiten-Zustand getrost vergessen. Wer auf eisfreiem Kopfsteinpflaster schon mal mit Spikes gegangen ist, weiß, wovon ich rede. Man hüpft also von eisfrei zu eisfrei und wendet beim Rest den berühmten Pinguin-Walk an. 😀

Trondheim, Bakklandet, Copyright: insidenorway

Trondheim, Bakklandet, Copyright: insidenorway

„Nebenbei“ bewundert man Kanalhafen, die Altstadt und den Dom. Alles prima. Zurück auf dem Schiff geht es weiter Richtung Polarkreis. Ja, am vierten Tag ist er schon wieder da. Der kleine Globus, der einsam auf einem Felsen steht. Nicht spektakulär, aber er markiert immerhin, dass man sich ab jetzt in Polargefilden bewegt. Das mit den Frühlingsgefühlen ist dann auch spätestens hier vorbei. Anorak, Mütze und Handschuhe und das alles hübsch bis oben zugeschnürt, holen einen ins Winterfeeling zurück. Ja, es ist eben Nordeuropa. Da die Lofoten in Sicht sind, macht das nichts. Schließlich hat die Inselgruppe ihren besonderen Zauber. Das mit dem Ich-will-es-im-Tageslicht sehen fällt aber noch unter: nein. Dafür winkt für den, der in Stamsund aus- und in Svolvær wieder einsteigt, die Chance auf ein Wikingermahl im Lofotr-Wikingermuseum.

Lofotr-Wikingermuseum, Copyright: insidenorway

Lofotr-Wikingermuseum, Copyright: insidenorway

Es gibt derbe Wikingerkost. Lamm, Gemüse und Brot schmecken sensationell und die Portion ist so groß, dass man hinterher nicht mehr „papp“ sagen kann. Das Ganze spült man runter mit Met, das ja so gar nicht mein Fall ist. Süße Getränke mit 25% Sprit schreien bei mir nach dickem Kopf. Für die Nicht-Metler gibt es dafür Wasser. Aber auch ohne Honigwein erfreut man sich an einem Stück Wikingerleben, singen und tanzen inklusive.

Jetzt ist Tromsø dran. Und wie von zauberhand ist man bereits 350km nördlich des Polarkreises. Und hier ist es dann auf einmal auch wieder Winter. Dafür sind die Berge wieder da. Also sie waren ja auch im Winter da, haben sich aber in der Polarnacht verborgen. Jetzt machen sie der Eismeerkathedrale Konkurrenz, die ja im Winter so ziemlich alle Blicke auf sich zieht. Nicht, dass sie bei Tageslicht weniger zauberhaft ist. Sie thront nun einfach in liebevoller Konkurrenz mit Tromsøs Hausberg am Ende der Tromsøbrücke. Wer sich auf selbigen allerdings von der Gondel schaukeln lassen möchte muss noch warten. Sie liegt immer noch im Winterschlaf.

Eismeerkathedrale, Copyright: insidenorway

Eismeerkathedrale, Copyright: insidenorway

Auch der Rest der Stadt will noch am Winter festhalten.  Das beliebte auf-blankem-Eis-laufen-Thema ist wieder da.  Streuen? Ach, woher denn.  Das verdirbt ja auch den Spaß am publikumswirksamen Armrudern. Allerdings scheinen die Norwegerinnen zuweilen ein zusätzliches Gleichgewichtsorgan zu besitzen. Während ich froh über meine Outdoorschuhe bin, flache Sohlen und so, wagt sich die ein oder andere auf High Heels aufs Eis.

Was kommt jetzt? Das Nordkapp natürlich. Und damit wieder Natur pur, Winter deluxe und – Wind. Nach sechs Tagen hat sich das Schiff zum reisetechnischen Bergfest navigiert. Schließlich geht es zum Wendepunkt Kirkenes ja wieder nach Süden obwohl man eigentlich nordgehend ist. Hurtigruten-Geographie.  Kirkenes hat es sich aber einfach  auf der fast gleichen geografischen Breite wie Tromsø gemütlich gemacht.

Aber vom Nordkapp und dem „Dahinter“ wollen wir Euch im zweiten Teil erzählen. 🙂 ❤