Ich finde ja grundsätzlich immer großartig, egal in welchem Land ich zu Gast bin, wenn man die Gelegenheit bekommt, eine Einladung bei Einheimischen zu ergattern. So auch in Norwegen. Nun bin ich im Vergleich zu früher eher nicht mehr der Abendkleid-Fraktion zugehörig, aber bei zwanglosen Einladungen im privaten norwegischen Kreis an einem Samstag-Abend ohne konkreten festlichen Anlass darf man sich ja auch dem legeren Freizeit-Look hingeben – dachte ich.
Da in den letzten Monaten bevorzugt Jeans, T-Shirt und Chucks zu meiner Ausstattung gehören, sollte das wohl für eine zwanglose Privatparty die richtige Kleidung sein – dachte ich. Und was tut man, wenn man relativ spontan eingeladen wird, die Gastgeber nicht kennt, aber trotzdem mit irgendeinem Gastgeschenk aufwarten will? Man wappnet sich mit der obligatorischen Flasche Wein – dachte ich!
Es öffnet sich also die Tür im typisch skandinavischen Holzhaus und gibt den Blick frei auf eine bereits versammelte Partygesellschaft. Und wie froh ich bin, dass ich das mitgebrachte Fläschchen in einer Geschenktüte verstaut habe, sonst wäre es mir glatt aus der Hand gefallen. „Habe ich die Bekanntgabe eines festlichen Anlass verpasst?“ denke ich während ich im Flur auf einen Berg von Schuhen stoße – und im Wohnzimmer auf lauter Norweger in Abendkleidung und Anzug. OHNE Schuhe! Also erste Lektion: auf privaten Partys empfiehlt es sich vor Besuch den Zustand seiner Socken zu überprüfen, da man sich trotz Abendkleidung die Schuhe auszieht – auch wenn das komisch aussieht. Zweite Lektion: da der Norweger an sich unter der Woche eher auf zweckmäßige Kleidung setzt, nutzt er das Wochenende um sich vollends aufzubrezeln. Ich beschließe meinen klamottenmäßigen Reinfall mit Fassung zu tragen. Gott sei Dank sind meine Socken in Ordnung!
Bleibt die Sache mit dem Alkohol. Im Allgemeinen weiß der Norwegenreisende, dass die Kosten für alkoholische Getränke doch ein gutes Stück über denen liegen, die man vielleicht von zu Hause gewohnt ist. Umso erstaunlicher, dass auf einer Party unter Norwegern doch gerne mal ziemlich viele ziemlich stark betrunken sind. „Eine kostspielige Angelegenheit für den Gastgeber“ denke ich, bis mir einer der Gäste aus meiner eigens mitgebrachten Flasche Wein ein Glas einschenkt. Und hier sind wir auch schon bei Lektion drei: auch die Norweger wissen selbstverständlich ob der Kosten, die eine Party in alkoholischer Hinsicht verursachen kann. Und deshalb bringt der Norweger zur Party stets mit, was er selbst vertrinkt. Mitgebrachter Alkohol, der als Gastgeschenk gedacht ist, sollte also so deklariert werden, sonst wird er umgehend verköstigt.
Alles in allem und unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse lässt es sich mit Norwegern unglaublich ausgelassen und herzlich feiern und das sollte jeder, der die Gelegenheit hat, einmal ausprobieren!