Staatliche Bevormundung mit Humor

Was wir in Mitteleuropa ja schon lange kennen ist auch in Norwegen auf dem Vormarsch: Übergewicht. Bei allen Dingen, die der Norweger nicht soll und was seine Gesundheit gefährden könnte, ist der norwegische Staat ja gern zur Stelle um die schützende Hand über seine Bürger zu halten. Das bekannteste Beispiel hierfür ist wohl der Alkohol. Ich habe ja bereits an anderer Stelle berichtet, dass Verkauf und Erwerb von alkoholischen Getränken streng reglementiert sind, aber Norwegen wäre nicht Norwegen wenn sich diese Reglementierung nicht auch in den Alltag fortsetzen würde. Mal abgesehen davon, dass die norwegische Promille-Grenze von 0,2 bereits erreicht wird, in dem man anderen beim Trinken zuschaut, sollte man tunlichst vermeiden sich mit Alkohol am Steuer erwischen zu lassen, es sei denn man möchte schnell mal umgerechnet tausend Euro los werden, denn in dieser Größenordnung bewegen sich die Gebühren. Bei mehrmaligem Vergehen bekommt man ein gemütliches kleines Zimmer auf Staatskosten.

Die Gebühren für Falschparken (100€) oder für das Überfahren einer roten Ampel (630€) könnten den Gedanken aufkommen lassen, dass Norwegens Reichtum nicht im Ölvorkommen begründet ist, sondern solche Gebühren den wahren Reichtum des Landes ausmachen. Die Konsequenz ist jedoch, dass tatsächlich die Norweger das Schlusslicht der europäischen Bevölkerung in punkto Alkoholkonsum sind. Gleiches gilt übrigens auch für den Zigarettenkonsum. Mal abgesehen davon, dass Norwegen so ziemlich das erste europäische Land war, das das Rauchverbot eingeführt hat, hat auch hier der Staat ein paar hübsche kleine Regelungen getroffen, um die Norweger vom Zigarettenkonsum abzuhalten. Dazu gehört, dass jeder Kiosk ein verborgenes Schränkchen unterhält, in dem die Päckchen aufbewahrt werden. Es ist staatlich verboten Zigaretten öffentlich auszulegen, also muss der rauchende Norweger schon danach fragen, an den 13€ das Päckchen kassiert der Staat kräftig mit. Aber auch hier wirkt die Maßnahme, die Zahl der Raucher hat sich in den letzten Jahren halbiert.

Man darf also gespannt sein, wie denn der Staat das wachsende Übergewichtsproblem anpacken will. Typisch norwegisch wäre: besteuern! Hat ja bei Alkohol und Tabak prima funktioniert. Und in der Tat geistert so ein Gedanke durch die norwegische Regierung. Sprich: wenn Fastfood, Süßes und alles ungesundene mal so richtig teuer werden, ist Obst und Gemüse die erste Wahl. Wer in Norwegen lebt, wird sich bei dieser Theorie allerdings an den Kopf fassen und sich fragen, ob die Erfinder dieser genialen Idee in den letzten Jahren schon mal Obst und Gemüse gekauft und die Preise wahr genommen haben, die übrigens meist sogar noch von Subventionen gespeist werden. Spannend dürfte in dieser Hinsicht auch werden, wie der norwegische Regierungssturkopf sich mit den größten Fastfoodkonzernen der Welt anlegt.

Geradezu humoristisch finde ich jedoch, dass die offizielle Website der norwegischen Regierung http://www.odin.no lautet, was weniger mit dem nordischen Gott Odin zu tun hat als vielmehr mit der Abkürzung für „Offizielle Dokumente und Information über Norwegen“. Trotzdem entbehrt diese Internetadresse nicht eines gewissen Humors, denn Odin versteht sich als „der Hauptgott in der nordischen Mythologie der eddischen Dichtung. Dort fungiert er als Göttervater, Kriegs- und Totengott, als ein Gott der Dichtung und Runen, der Magie und Ekstase mit deutlich dämonisch-schamanistischen Zügen.“ (Quelle: Wikipedia)

Ein Schelm, wer böses dabei denkt!

Von Monopolen, Gesetzen und einer Flasche Wein

Nun ja, wenn man etwas zu feiern hat oder sich einfach mal eine gute Flasche Wein gönnen will, geht man für gewöhnlich in den Supermarkt, schlimmstenfalls zur Tankstelle. Schnell nach der Arbeit dort vorbeigefahren, trägt man das Tröpfchen heim und man kann es sich zu Hause gemütlich machen.

Ja so dachte ich auch als ich das zum ersten mal in Norwegen vor hatte. Schließlich hat Oslo ja genügend Supermärkte. Also im nächsten gehalten und schnell zum Getränkeregal gehuscht. „Sehr überschaubar“ denke ich und suche nach irgendetwas, das sich jenseits eines Alkoholgehalts von 5% bewegt, denn bei dem Gedanken an süßen Mixgetränk Wein schüttelt es mich doch innerlich. Da mich das Sortiment hier also nicht begeistert, mache ich mich einfach auf zum nächsten Supermarkt, und zum nächsten, und zum nächsten. Irgendwie ist die Situation überall dieselbe und ich überlege ob sich ganz Oslo für kollektive Abstinenz entschieden hat. Also bemühe ich doch einen Verkäufer mir zu sagen, ob die Hauptstadt über irgendeinen Laden verfügt, der mir mehr anbieten kann als weingeschwängerte Limo. Antwort: „Da musst Du zum Vinmonopol, da gibt es alles….“ Wäre ich nicht so schnell aus dem Laden entschwunden wäre mir der nächste Frust wahrscheinlich erspart geblieben.

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Nun ja, schon fast weinselig fahre ich beim Vinmonopol vor und stehe – vor verschlossenen Türen. Um kurz nach 17 Uhr!!! Langsam dämmert mir, dass ein Workshop in norwegischer Alkoholpolitik unter Umständen eine gute Idee gewesen wäre. Da der Staat hier stets bemüht ist seine Bevölkerung über die wenig gesundheitsfördenden Eigenschaften übermäßigen Alkoholkonsums aufzuklären, tut er dies auch mit praktischen Maßnahmen. Zum Beispiel dadurch, dass die Abgaben auf Alkohol weltweit die höchsten sind mit der Folge, dass die Norweger im Alkoholkonsum in der Tat weltweit Schlusslicht sind. Wer jetzt an das Bild des überalkoholisierten Nordländers auf Pendelfähren denkt, dem könnte man böse antworten, dass der Norweger pro Kopf jährlich nicht viel säuft, nur dass was er säuft eben alles auf einmal.
So dürfen dann auch Getränke mit mehr als 4,8% Alkohol nur durch den Staat im Vinmonopol verkauft werden, und das wiederum nur bis 14 Uhr. Wer also wie ich um kurz nach 17 Uhr vor der Tür steht kann sich allenfalls die Nase an den Türen platt drücken und sich überlegen wie schön es gewesen wäre zum Abendessen eine der Flaschen öffnen zu können. Übrigens kann man über das Vinmonopol auch Wein online bestellen. Wer aber meint er kann die Öffnungszeiten so künstlich verlängern, da in diesem Fall ja der Postbote das ganze bequem zu Hause vorbei bringt, der irrt schon wieder! Zeichnet man den Empfangsschein nur eine Minute nach 14 Uhr ab, kann man nur zuschauen, wie er das Paket wieder mitnimmt. Norwegen hat in dieser Hinsicht eben seine eigenen Gesetze.#

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Ich beschließe trotzdem die beschränkten Öffnungszeiten auszutricksen. Schnell mal umgeschaut und das nächste Restaurant ausfindig gemacht. Das billigste Gericht auf der Karte zu bestellen, dazu eine Flasche Wein, zum Zweck diese dann mit nach Hause zu nehmen, halte ich für eine grandiose Idee – abgesehen vom horrenden Preis, den ich dafür berappen muss. Einen Fingerhut voll genehmige ich mir zum Sandwich und reibe schon innerlich die Hände bis ich in das entgeisterte Gesicht des Kellner schaue, der mir höflich erklärt, dass Alkohol, der in Restaurants ausgeschenkt wird, per Gesetz nur dort konsumiert werden darf und es verboten ist die Flasche mit nach Hause zu nehmen. Mein Blick fällt auf mein draußen geparktes Auto und meldet schlagartig meinem Gehirn, dass man in Norwegen ebenfalls keinen Spaß versteht bei der Kombination von Alkohol und Auto fahren. An dieser Stelle sei gesagt, dass das natürlich richtig ist, aber die gesetzliche Promillegrenze von 0,2 lässt einem noch nicht einmal den Spielraum für EIN Glas. Und in punkto Strafe für zuviel Promille am Steuer kann man die Norweger weiß Gott nicht kleinlich nennen. Was bleibt mir also übrig als die fast volle, bezahlte Flasche im Restaurant stehen zu lassen…..

Fazit: es wird ein alkohofreier Abend für umgerechnet neunzig Euro!