Schlittenfahrt und Schneehotel oder: ganz im Norden geht es rund !

Schnee bis zum abwinken. Davon gibt es ja bekanntlich in Nordnorwegen genug. Zeit um in Kirkenes mal wieder im Schneehotel vorbei zu schauen. Schließlich ist es im April heldenhaft dahin geschmolzen und erlebte seine Wiedergeburt im Oktober. Ja, zehn Grad und mehr machen einem Schneehotel eben zu schaffen. Umso mehr erfreut es den Besucher, dass es jedes Jahr in neuer Gestaltung daher kommt. Dieses Jahr ist es den Huskys gewidmet. Liegt in Kirkenes ja auch irgendwie nahe, denn in minus zwanzig Grad fühlt sich der Schlittenhund in seinem Temperaturelement. So steht man in der Eingangshalle des Schneehotels auch mittendrin im Hundeschlittenszenario. Die Tierchen erobern in Eis gemeißelt die Bar und drapieren sich um ihren Musher.

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Copyright: insidenorway

Wie letztes Jahr empfindet man die minus vier Grad im Inneren des Hotels als geradezu hochsommerlich, kein Wunder, es ist ja auch fast zwanzig Grad wärmer hier drin als vor der Tür. Die Zimmer sind auch dieses Jahr zauberhaft gestaltet und warten auf die Übernachtungswilligen. Wer hier sein Haupt zum Schlaf betten will, sollte frühzeitig buchen, denn „ausgebucht“ ist hier die meistgebrauchte Vokabel. Gegen die Kälte gibt es den mollig warmen Polarschlafsack und mit dem Getränkekonsum hält man sich besser vornehm zurück. Hier lernt man den Vorteil von möglichst wenig Toilettengängen pro Nacht zu schätzen, es sei denn man liebt es, sich aus dem warmen Schlafsack in die arktische Kälte zu quälen. Da können schon hundert Meter bis zum Toilettenhäuschen zur Qual werden. 😀

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Ich widme mich heute dem Gelände nebenan, dort wohnen die Huskys. Das wunderschöne Licht der Polarnacht schreit geradezu nach einer Schlittenfahrt. Nach dem Schneegestöber der letzten Tage zaubert die Dämmerung heute rosa Licht an den Himmel und die ganze Umgebung liegt verschlafen im Winterkleid. Schon als wir das Gelände betreten, werden wir von lautem Bellen begrüßt. Von allen Seiten schauen uns die Huskys ungeduldig an, bereit zur Tour aufzubrechen. Ich bin ja jedesmal beeindruckt, welche Stärke die Tierchen entwickeln, sobald sie losgelassen werden. Schließlich ziehen sie nicht nur den Schlitten, sondern auch uns, die wir im Schlitten drin sitzen und uns durch die Landschaft fahren lassen.

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Zu zweit nehmen wir also im Schlitten Platz und natürlich haben wir auch einen Musher dabei. Die Huskys sollen ja wissen, wo sie hin sollen. Nie war ich dankbarer für meine Skihose. Mütze, Jacke und Handschuhe tun ihr Übriges dazu, damit man trotz der Eiseskälte nicht zum Eiszapfen erstarrt. Kaum sitzen wir, geht es auch schon los. Und zwar ziemlich zügig. Zuweilen muss man alles einziehen, damit man bei der Fahrt durchs Gestrüpp nicht unfreiwillig irgendwelche Gliedmaßen verliert. Wir sausen am Fjord entlang durch die eisige Polarnacht. Atemberaubend. Teilweise ist das Wasser zugefroren, bis hier reicht der Einfluss des Golfstroms dann doch nicht. Gut, dass uns der Musher ansagt, wenn Kurven bevorstehen, so braucht man uns nicht wieder in den Schneeverwehungen einzusammeln. Die Hündchen nehmen selbst Steigungen mit der Schlittenlast mühelos, ja da kann man fitnessmäßig noch was lernen. Für Fotos muss man gleich zu Anfang sorgen, sonst zeigt einem der Akku ne lange Nase.

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Viel zu schnell vergeht die Tour und am liebsten würden wir gleich nochmal. Mittlerweile hat sich die Dämmerung schon fast wieder verabschiedet und weicht der Dunkelheit. Polarnacht eben. Der heiße Krähenbeerensaft am Kamin kommt uns nach der Tour gelegen und am Feuer kann man auch gleich die Handyakkus wieder aufwärmen.

Bleibt noch Zeit für einen kurzen Besuch bei den Rentieren, die sich ebenfalls auf dem Gelände tummeln. Aber sie haben heute keine Lust auf Streicheleinheiten und betrachten uns desinteressiert aus der Ferne. Nun ja, man kann nicht alles haben.

Fazit: wer das Gelände des Schneehotels besucht, kann sich auf einen Tag voller Aktivitäten freuen. Und weil auch wir den Tag unendlich genossen haben, werden wir Ende Januar zurückkehren. An den Nordrand Europas. Wo die Huskys wohnen. 🙂

Sonne: aus, Mond: an oder – die Polarnacht steht in den Startlöchern !

Eben noch haben wir die Nächte durchgemacht, weil die Mitternachtssonne einen bis ultimo auf den Beinen hält, und schon naht wieder die Winterdunkelheit. Ja ja, dieses Vorurteil, dass Norwegen kalt und dunkel ist, kann man zumindest im Winter nicht ganz von der Hand weisen. Während Spitsbergen sich schon Anfang November der Dunkelheit ergeben musste, tickt in Honningsvåg noch die Uhr zum Showdown. Ich finde, dass es immer etwas endzeitliches hat, wenn wir kurz davor sind in die Polarnacht eintauchen. Jeden Tag bleibt die Sonne zwanzig Minuten länger in ihrem Versteck, der letzte Tag ist kaum länger als man gucken kann. 22 Minuten und tschüß. Regelmäßig überlege ich, wie es so ist, wenn man wochenlang darauf wartet, dass sich am Himmel wieder etwas tut, denn ich halte mich für gewöhnlich nur eine knappe Woche in Nordnorwegen auf, wenn es heißt: Licht ausgeknipst. Bei uns in Oslo sind die Tage im Winter zwar auch ziemlich kurz, aber immerhin, es gibt sie noch.

Copyright: Tommy Andreassen / www.nordnorge.com / Vestvågøy

Copyright: Tommy Andreassen / http://www.nordnorge.com / Vestvågøy

 Ja, wie isses denn nun während der Polarnacht? Das, was an ihr einfach fantastisch ist, sind die Nordlichter. Natürlich tanzen sie übers ganze Jahr am Himmel, aber um sie sehen zu können, ist Sonnenlicht nicht unbedingt hilfreich. Während der Polarnacht kann man sie also uneingeschränkt genießen, egal zu welcher Uhrzeit sie sich zeigen, ohne dass sie von der Sonne überstrahlt werden. Das funktioniert nicht nur in der Natur, sondern auch in den Städten. Ok, man sollte sich hierzu nicht unbedingt inmitten der beleuchteten Fußgängerzone aufhalten. Blick von außen auf Städte, über denen die Nordlichter toben, funktioniert am besten. Ganz nebenbei lernt man dadurch auch zu schätzen, was einen so nach der Nordlichtjagd wieder aufwärmt: heiße Duschen, heiße Tees, brennende Kamine und Kuscheldecken.

Polarnacht in Hammerfest, Copyright: insidenorway

Polarnacht in Hammerfest, Copyright: insidenorway

Überhaupt ist die Polarnacht die Zeit zum runterfahren. Kein Wunder, denn die Sonne fehlt eben auch dem Körper. Regelmäßig habe ich während der Polarnacht schon um 14 Uhr nachmittags das Gefühl: Zeit zum Schlafen gehen. Das ist vor allem an den Tagen so, an denen noch nicht mal ein Hauch von Dämmerung über den Horizont kriecht. Eben dann, wenn der Himmel sich in ein dichtes Wolkenkleid hüllt. Ganz anders kommt die Polarnacht daher, wenn sternenklares Wetter herrscht. Dann gibt es wenigstens einen Hauch von Tag, einige Stunden dämmert es und man meint, gleich müsse die Sonne über den Horizont gucken. Aber sie ziert sich und verschwindet wieder ins Dunkel.

Manche Städte gefallen mir ja in der Polarnacht am besten. Tromsø zum Beispiel, dass ich anfangs nur in der Dunkelheit kannte, eingehüllt von Schnee, die Eismeerkathedrale zauberhaft angeleuchtet am Ende der Tromsøbrücke thronend. Tromsøs Beinamen „Tor zum Eismeer“ kann man erst dann so richtig fühlen. Genauso geht es mir mit Hammerfest. Ich finde es einfach zauberhaft, wenn man hoch über der Stadt steht und auf die erleuchteten Häuser und die  schneebedeckten Berge blickt.

Copyright: Shigeru Ohki / www.nordnorge.com / Tromsø

Copyright: Shigeru Ohki / http://www.nordnorge.com / Tromsø

Beim Nordkapp geht es mir ähnlich. Nicht, dass es im Sommer nicht auch zauberhaft ist, aber im Winter darf man sich hier so richtig der Natur stellen. Von der Nordkappinsel Magerøya sieht man natürlich nicht viel, es sei denn Mond, Schnee und sternenklar haben sich überlegt zu einer zaghaften Beleuchtung zusammen zu finden. Am beleuchteten Globus kämpft man mit dem Wind und der Kälte und freut sich darüber, dass man sich entgegen der Polarforscher jederzeit in die warme Nordkapphalle begeben kann. Amundsen und Co. mussten das an andere Stelle über Monate aushalten, fern jeder warmen Dusche.

Fazit: die Polarnacht sollte sich jeder einmal gönnen, es müssen ja nicht gleich volle drei Monate sein. Wer es tut weiß wie es ist das Sonnenlicht zu schätzen. Wenn es wieder kommt. Im Frühjahr. 🙂

Die Hurtigrute oder wie man hurtig zu viel Norwegen kommt – Teil 2

Die Reise auf der Hurtigrute geht weiter. 7. Tag. Kirkenes. Nur zehn Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Ok, Kirkenes ist keine wirkliche Perle, aber das Drumherum macht alles wett. Erstes Muss: das Schneehotel unweit der Stadt. Über Mangel an Winter kann man sich hier nun wirklich nicht beschweren. Bei minus zwanzig Grad kommt man kältemäßig voll auf seine Kosten. Und im Hotel empfindet man die minus vier Grad geradezu als hochsommerlich. Kaum zu glauben, dass das Hotel jede Saison neu aufgebaut wird, nachdem das Tauwetter ihm im Sommer den garaus gemacht hat. Die Zimmer sind zauberhaft gestaltet, jedes hat ein eigenes Thema, lediglich die Betten bestehen nicht aus Eis und der Polarschlafsack hält für die Nacht mollig warm.

Snowhotel Kirkenes, Copyright: insidenorway

Snowhotel Kirkenes, Copyright: insidenorway

Auf dem Gelände des Hotels gibt es aber noch viel mehr zu sehen. Zum Beispiel: Rentiere. Man muss ein bißchen warten bis sich eins blicken lässt. Aber wenn man sie erspäht gerät man in Entzücken. Perfekt an die Kälte angepasst und einen mit großen Augen anschauend. Gleich gegenüber: die Wohnstube der Huskys. Nicht vergleichbar mit unserer Vorstellung eines gemütlichen Wohnzimmers, aber der Husky an sich wohnt eben gern kältebetont. Schließlich will man sich als Schlittenhund jederzeit im kühlen Schnee wälzen können. Husky-Vergnügen. Der Sucht-Schlittenfahrer bricht dann auch hier zu seiner zweiten Husky-Safari auf. Wiederholungstäter und so. Wer keinen Platz mehr ergattert hat, begnügt sich mit zuschauen.

Kirkenes, Copyright: insidenorway

Kirkenes, Copyright: insidenorway

Die Alternative winkt am Nachmittag. Das Schneemobil. Mit PS unter dem Allerwertesten ist der zugefrorene Fjord Trumpf. Durch das norwegische Winterwonderland sausen, die Polarluft einatmen, umrahmt von der rauhen arktischen Landschaft. Das Paradies könnte nicht besser sein.

Dann heißt es: südgehend. Am 8. Tag winkt Hammerfest. „Into the Ice“ sollte man auf der Wintertour unbedingt ausprobieren, nicht nur weil man stilecht in Expeditionsausrüstung der 1910er Jahre unterwegs ist, sondern auch weil man den Hauch einer Ahnung bekommt, wie es sich anfühlt einer arktischen Expedition anzugehören. Eben bewegt man sich noch „trittfest“ auf blankem Eis um einen Schritt weiter kniehoch im Schnee zu versinken. Pioniergeist und so. Logisch, dass man am Gipfel die norwegische Flagge hisst. Den Traumblick auf das winterliche Hammerfest gibt es kostenlos dazu.

Copyright: Dietmar Henrich

Copyright: Dietmar Henrich

Hammerfest, Copyright: insidenorway

Hammerfest, Copyright: insidenorway

Zurück vom Gipfel ist man dankbar für warmen Tee und Suppe im Zelt, obwohl das Feuer in selbigem so einheizt, dass man sich nach fünf Minuten temperaturmäßig in der Karibik wähnt.

Am Abend winkt ein Kulturgenuss. Stopp in Tromsø. Wer sich nordgehend der Huskyschlittenliebe hingegeben hat, bekommt südgehend jetzt die zweite Chance zumindest ein bißchen von der größten Stadt Nordnorwegens zu sehen. Beim Mitternachtskonzert in der Eismeerkathedrale sollte man sich von klassischer Musik entzücken lassen. Das Wahrzeichen von Tromsø thront am Ende der Tromsøbrua, der Tromsøbrücke, und ist in seiner abendlichen Beleuchtung einfach wunderhübsch anzuschauen.

Tromsø, Eismeerkathedrale, Copyright: insidenorway

Tromsø, Eismeerkathedrale, Copyright: insidenorway

An Tag 9 ist das Schiff zurück auf den Lofoten. Genauer gesagt in Svolvær. Nun gut, die Ausflugsmöglichkeiten sind im Winter begrenzt, aber ein Spaziergang zur Halbinsel Svinøya lohnt sich auch im Winter. Stockfischgestelle, Fischfabrik und Rorbuer (die alten Fischerhütten) lassen keinen anderen Schluss zu, als dass Fisch hier ein größeres Thema ist. Dem Stockfisch bin ich ja nicht so außerordentlich zugetan, aber die Atmosphäre auf der Halbinsel nimmt einen gleich gefangen. Wer noch den entzückenden alten Krämerladen besucht unternimmt eine Zeitreise nach Alt-Norwegen.

Svolvær, Copyright: insidenorway

Svolvær, Copyright: insidenorway

An Tag zehn wird der Polarkreis wieder nach Süden überschritten. Das Tageslicht ist zurück, wenn auch erst einmal mit spärlichen drei Stunden, aber immerhin. Zeit für einen Ausstieg in Sandnessjøen. Die Länge des Stopps ist zwar überschaubar, aber für einen Spaziergang am Kai mit ein paar zauberhaften Fotomotiven reicht es. Die Kutter liegen schlafend im eisklaren Wasser vor einer zauberhaften Bergkulisse. Und da die Sonne ja wieder über den Horizont klettert, kann man auf der Weiterfahrt gleich an Deck stehen bleiben um die Bergkette der Sieben Schwestern zu bestaunen. Die sieben Jungfrauen, die vor König Hestmannen flohen, erstarrten hier bei Sonnenaufgang zu Stein. Ja, die Norweger sind eben gekonnt darin die Natur ihres Landes mit Legenden zu bestücken. Und imposant ist die Gebirgskette noch dazu. Der zur Legende zugehörige Torghatten, der berühmte Berg mit dem Loch, verschwindet auf der Wintertour allerdings in der Dunkelheit.

Die sieben Schwestern, Copyright: insidenorway

Die sieben Schwestern, Copyright: insidenorway

Der Trondheim-Fan und Frühaufsteher hat an Tag 11 die zweite Gelegenheit durch die Stadt zu ziehen. Wer um halb sieben am morgen die zwanzig Minuten vom Anleger in Trondheims Zentrum läuft, hat sich kalorienmäßig schon das Frühstück verdient. Hilfreich, denn die Coastal Kitchen, die auf dem Schiff serviert wird, kann man nur schwer ignorieren. Am Ende der Reise hat man sich so ziemlich durch alle Spezialitäten gegessen, die Norwegens Küste zu bieten hat. Das Food-Baby wächst. 😉

Amselben Tag stehen noch einmal Kristiansund und Molde auf dem Programm. Beine vertreten, Hafen genießen, den Ausklang der Reise beweinen.

An Tag 12 ist es soweit. Bergen ist in Sicht. Und verbunden damit der Gedanke, dass man doch eben noch 2.500km nördlicher war. Wo man nordgehend noch dachte, dass man sich gemächlich gen Nordkapp bewegt, hat man südgehend das Gefühl, dass streckenmäßig der Turbo eingeschaltet wird. Wer bei der Einfahrt in Bergen am Bug steht, dem raubt der Wind fast den Atem. Aber zu verlockend ist es zu beobachten wie die Stadt immer näher kommt. Und so kann man sich mit Gedanken an die Reise von seinem Schiff verabschieden. Bis man wiederkehrt. Zur nächsten Tour. Auf der Hurtigrute.