Wo Provinzen sogar Skifahrttechniken hervorbringen – die Telemark !

Nun gut, ich gebe zu, bevor ich nach Oslo kam, hatte ich mit Skispringen so überhaupt nichts am Hut. Ok, dieses Telemarklandungsding war mir irgendwie ein Begriff, aber wer hätte gedacht, dass sich Sondre Norheim irgendwann im 19. Jahrhundert überlegt hat eine besondere Technik des Skilaufs zu erfinden und Torju Torjussen 1893 das Ganze perfektionierte. Und dass er es gleich um die Möglichkeit erweiterte, wie man möglichst ohne Knochenbrüche nach einem Sprung von der Skischanze aufsetzt. Und dass das Ganze auch noch nach einer norwegischen Provinz benannt ist, von den Bewohnern Oslos so betitelt. So weit so gut.

Dann ist ja noch Ibsen in der Telemark geboren, genauer gesagt in Skien. Und Edvard Munch hat sich hier regelmäßig Auszeiten gegönnt. Muss also was dran sein am Zauber dieses Fleckchen Norwegens. Ok, spektakuläre Fjordlandschaft ist hier nicht sooooo vorhanden, dafür das Skagerak im Süden und die Hardangervidda im Norden. Größte Hochebene Europas und so. Außerdem im Norden der Provinz: der Gausta oder auch Gaustatoppen. Und hier sind wir wieder bei den norwegischen Superlativen. Schönster Berg von Norwegen. Ok ich muss zugeben, dass er ziemlich erhaben daher kommt. Von seinem Gipfel soll ein Sechstel des Landes zu überblicken sein? Das muss getestet werden.

Gausta, Credits: Hans-Dieter Fleger

Gausta, Credits: Hans-Dieter Fleger

Der Wanderfreak wählt zwischen drei Strecken um den Felsbrocken zu besteigen. Mit 1883m Höhe ist der Gausta zwar der höchste Berg der Telemark, aber da das an Himalaya-Niveau eher nicht herankommt, wird so auch dem Sportmuffel das Gipfelglück beschert. Also wer gemächlich unterwegs ist startet vom Parkplatz Stavsro, was einer Pilgerreise gleich kommt, denn die meisten Gipfelstürmer sind hier unterwegs. Auch wenn der Weg verhältnismäßig leicht zu bewältigen ist, ist er mit Steinen reich gesegnet. Zwei Stunden kraxelt man bis zum Gipfel, bevor man den Blick in die Ebene schweifen lassen kann. Wer länger laufen möchte, geht von Tuddal aus und wer sich an einem besonders steilen Pfad versuchen  will, startet von Selstali.

Aber was ist nun mit: vom Gipfel aus blickt man auf ein Sechstel von Norwegen. Also das Panorama ist wirklich beeindruckend, ganz Norwegen breitet sich vor einem aus, also zumindest dass, was mit dem Auge zu erspähen ist, Felsen, Ebenen, Gewässer. Irgendwie kann ich das Meer im Süden nicht erblicken und die schwedische Grenze im Westen winkt auch nicht mit dem Zaunpfahl. Aber egal. Die Aussicht ist atemberaubend und im Sommer kann man in der bewirtschafteten Hütte unterhalb des Gipfels Rast machen um sich zu stärken.

Credits: Trond Stegarud

Credits: Trond Stegarud

Wer fertig gebergelt hat, fährt in die Hauptstadt der Provinz, nach Skien. Ok, es ist keine Metropole, aber immerhin hat die Stadt mehrere berühmte Söhne und Töchter, allen voran: Ibsen. Wen wundert es, dass es hier ein Ibsen-Theater gibt und auch so ziemlich alles erforscht wird, was mit dem Dramatiker zusammenhängt. Hafen und Telemarkkanal erfreuen das Auge und man sollte auch einen Blick in die unübersehbare Kirche werfen.

Klar gibt es hier auch ein Ibsen-Museum, genauer gesagt eins von dreien in Norwegen. Wir haben in Oslo ja auch eins, in dem man allerhand über Ibsens späte Jahre lernen kann. Nördlich von Skien geht es eher um die Kindheit des Dramatikers, das dazwischen findet man in Grimstad. Die Ausstellungen orientieren sich ortsmäßig sozusagen daran, wo Ibsen seine verschiedenen Lebensphasen verbracht hat. Cooles Konzept! 🙂 Dass der Hof nördlich von Skien ein kleines Norwegen-Paradies ist, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Norwegisch-gemütlich!

Credits: Christer Sørensen

Credits: Christer Sørensen

Wer an der Küste relaxen will, stattet Kragerø einen Besuch ab. Das liegt zwischen Oslo und Kristiansand so ziemlich in der Mitte. Ok, im Sommer wimmelt es von Touristen, aber schließlich hat schon Edvard Munch hier Entspannungsurlaub gemacht. Kein Wunder, denn bunte Häuschen schmusen sich bei Küstengemütlichkeit aneinander. Alles ist mit dem Boot unterwegs oder hält die Angel ins Wasser. Der Unsportliche trinkt Kaffee am zauberhaften Hafen. Man kann aber auch zum Jomfruland Fyr hinausfahren, der auf gleichnamiger Insel vor der Küste liegt. Hübsche Leuchttürme sind in Norwegen ja durchaus ein Thema. Das Taxi zur Insel hat hier keine vier Räder, sondern schaukelt auf dem Wasser  dorthin. Nur falls man kein eigenes Boot zur Hand hat. Auf der Insel genießt man dann den Sonnenreichtum und die weiße Blumenpracht im Frühjahr, fährt mit dem Fahrrad herum oder entspannt am ältesten Haus der Insel, am Jomfruland Hovedgård.

Credits: Hanne Blesvik Andersen

Credits: Hanne Blesvik Andersen

Unbestritten: die Provinz Telemark hat eine ganze Menge zu bieten und beweist, dass auch ohne spektakuläre Fjordlandschaft hier einiges los ist, was einen Besuch lohnt, egal ob man zur Sportfreakfraktion oder zu den Faultieren gehört. Und da der Sommer bald wieder vor der Tür steht: ausprobieren! 🙂

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