Møre og Romsdal oder ein Reigen von Rundfahrten – Teil 2

Der Schnee hat sich verzogen. Zeit um zu einer neuen Tour aufzubrechen. Also auf nach Ålesund. In einer der schönsten Städte Norwegens kann man schließlich nicht oft genug sein. Und weil es so schön ist haben wir uns vorgenommen mit der Hurtigrute zurückzufahren. Wir brechen also auf von Farstad nach Molde. Abfahrt 7:30 Uhr. Schließlich wollen wir die Fähre von Molde nach Vestnes um 8:45 Uhr erwischen. Und dort auch gleich in den TIMEkspressen steigen. Das Auto verbringt den Tag auf angeschlossenem Parkplatz. Heute mal gemütlich Bus fahren und sich nach Ålesund schaukeln lassen. Der Bus kommt auf die letzte Minute und wir überlegen schon ob wir mit ihm von Molde nach Vestnes schwimmen müssen, wenn die Fähre vor seiner Ankunft abfährt. Aber er taucht auf. Während der Überfahrt gönnen wir uns noch einen Schokoriegel und dann geht es auf durch die norwegische Natur. Sitzen, gucken, genießen! Der Schnee ist tatsächlich weitgehend weggetaut und unser Busfahrer unterhält uns mit Ansagen, welchen Stopp er als nächstes ansteuert.

Copyright: insidenorway

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1 1/2 Stunden später steigen wir aus. Im Regen. Na super. Wir lassen uns aber mal wieder vom norwegischen Wettergott nicht beeinflussen und trotzen seiner Launenhaftigkeit. Schirm? Kann man bei dem Wind getrost vergessen. Also lassen wir uns nass regnen und genießen einfach die Stadt. Na ja, mit gelegentlichem Unterstellen. Den Hausberg von Ålesund, den Aksla, zu erklimmen schenken wir uns heute. Und finden einen fast gleichwertigen Aussichtspunkt. Mitten in der Stadt, am Ålesund-Museum. Das kleine Plateau, das dem Museum angeschlossen ist, bietet einen atemberaubenden Blick über die Stadt. Und zwischendurch stellt sogar der Wettergott seinen Regen ein und lässt die Jugenstilhäuser erstrahlen. Unerheblich, dass man auf dem Plateau Mühe hat nicht knöchelhoch im Regenwasser zu stehen.

Ålesund, Copyright: insidenorway

Ålesund, Copyright: insidenorway

Ja, die Jugendstil-Architektur ist immer wieder das Schönste in Ålesund. In Norwegen ist man ja kaum gewohnt, dass so viele Häuser aus Stein eine Stadt zieren. Und sie zieren sie wirklich, aber nicht pompös, sondern so herrlich norwegisch gemütlich. Norwegen schafft es eben immer seinen Charakter zu verewigen. Und weil es so schön ist, streifen wir auch noch eine Weile durch die Gassen und erfreuen uns an den Details der Stadt. An der Apotekergata muss man einfach immer wieder vor Entzückung verweilen, weil man hier einen der zauberhaftesten Blicke überhaupt hat. Die Liebenden scheinen das auch so zu empfinden, das „Ein-Liebesschloss-am-Geländer-anbringen“ ist auch hier eingezogen. Romantisch!

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Und unser Schiff liegt auch bereits am Kai. Die Midnatsol der Hurtigruten hat angelegt. Nein und man muss nicht gleich die 14-Tage-Luxustour buchen, wenn man einmal mitfahren will. Wir lösen also unser Ticket von Ålesund zurück nach Molde und freuen uns darauf drei Stunden  sanft Heim zu schaukeln. Vorne am Bug beim Ablegen muss sein, obwohl der Wind einen am liebsten über Bord wehen würde. Ein paar Tapfere Reisende schauen sich das Spektakel ebenfalls an. Ja und es ist einfach immer wieder faszinierend, wenn das Schiffchen ablegt. Dazu noch die atemberaubende Fjordlandschaft. Ein Fest. Immerhin eine Stunde bleibt bis es dunkel wird. Und die harre ich auch im eisigen Wind aus. Auf Deck 9 hat man einfach den perfekten Rundblick. Wer wird da schon frieren wenn sich das Schiff gen Sonnenuntergang schiebt. Und schließlich gibt es Winterjacken, Mützen und den Gedanken, dass man nachher ins muggelig warme Schiffsinnere geht.

Copyright: insidenorway

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Drei Stunden später legen wir in Molde an. Natürlich unter lautstarkem Tuten. Für uns ist die Fahrt hier zu Ende, die Midnatsol fährt weiter bis zum Nordkapp. In die Wehmut nicht weiter mitzufahren mischt sich aber schon die Freude auf die nächste Tour. To be continued….. 🙂 ❤

Wenn der Winter Møre og Romsdal überfällt oder wie man auch eine Zwangspause genießt

Ja, es ist doch immer wieder schön wenn man bei der Tourenplanung das Wetter unter den Tisch fallen lässt. Da verschafft einem Norwegen zuweilen einfach mal eine Zwangspause und schneit einen gnadenlos ein. Und das im November! Wo Møre og Romsdal doch sonst erst später mit so reichlich weißer Pracht beglückt wird. Nun ja, am Abend reden wir uns das Ganze noch schön damit, dass es ja wohl nicht die ganze Nacht schneien wird. Nein der Wettergott hat in Norwegen anders geplant. Und über Nacht verwandelt sich die ganze Welt. Die Bäume tragen ein so schweres Schneekleid, dass sie sich auf die Stromleitungen stützen müssen. Kopfkino, wenn eine reißt. Nun ja, sollen wir starten zur nächsten Tour? Wir entscheiden uns einen Tag zu pausieren, morgen ist bestimmt alles weggetaut. Schließlich sagt selbiges auch der Wetterbericht. Blöd nur wenn Wetterbericht und Wettergott sich nicht abgesprochen haben.

Farstad, Copyright: insidenorway

Farstad, Copyright: insidenorway

Immerhin nach Elnesvågen brechen wir auf, denn man kann ja nicht vor dem gähnend leeren Kuhlschrank verharren. Wie schön, dass das temporäre Quartier auf einem Hügel liegt. Wieder mit dem Auto bis zur Haustür kommen und so. Nun ja, es hilft nix. Wir wagen uns also auf die Straßen, obwohl es mehr rutschen als fahren ist. Geräumt? Wozu! Und es schneit weiter. Unaufhörlich! Wie war das noch mit dem Wetterbericht?

Der Weg an sich ist aber zumindest naturmäßig ein Fest. Weihnachtsstimmung kommt auf. Alles still, alles verschneit. Nur ab und zu schleicht sich uns ein Auto auf der Gegenfahrbahn entgegen. Die Seen tragen eine Eisschicht und die Berge haben ihre Gipfel wie in eine dicke Schicht Puderzucker gehüllt. Die Bäume sind kaum zu sehen vor weißer Winterpracht. Und auf halber Strecke ist sogar die Sonne gnädig mit uns und zeigt uns das wahre Winterwonderland.

Elnesvågen, Copyright: insidenorway

Elnesvågen, Copyright: insidenorway

In Elnesvågen müssen wir auch gleich erst einmal eine Fotopause einlegen. Einkäufe? Was war das nochmal? 😉 Die Natur will genossen werden. Wir schlittern also über die eisglatten Straßen und stapfen durch kniehohen Schnee für die besten Fotomomente. Herrlich. Nun ja, die Einkäufe haben wir natürlich noch gemacht und auf dem Rückweg drängt sich die Frage auf, ob wir den Hügel zum Haus mit dem Auto wieder hoch kommen.

Auch beim dritten Anlauf wollen die Reifen einfach nicht greifen. Alles zum Haus hoch schleppen heißt also die Devise. Das Auto bleibt am Fuße des Hügels stehen. Morgen ist ja alles weggetaut. Denken wir noch!

Am nächsten Morgen stellen wir fest, dass wir das mit dem Wegtauen wohl vergessen können. Wo ist das Auto….! Kurzzeitig überlegen wir, ob wir es als vermisst melden sollen, aber irgendwo unter dem Schnee wird es wohl sein. Also antreten zum Ausgraben.

Copyright: insidenorway

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Demnach gibt es heute ne richtige Zwangspause. Bis auf einen Winterspaziergang brennt der Kamin im Dauerbetrieb. Selbst der Kater von meiner Freundin Sabine verzichtet aufs Mäuse jagen draußen und schmust lieber vor der Wärmepumpe. Ist ja auch viel gemütlicher dort. Wir hoffen indeß weiter auf Tauwetter. Morgen. Hoffentlich! Um zur nächsten Tour aufzubrechen! To be continued…… 🙂

Møre og Romsdal oder ein Reigen von Rundfahrten – Teil 1

Ja, immer wieder zeigt sich, dass man eine Provinz mal genauer unter die Lupe nehmen muss. Wobei man in Møre og Romsdal gar nicht weiß, wo man zuerst anfangen soll. Da nimmt man doch am besten als erstes das, was gleich vor der Tür liegt. Zumindest vor der Tür des temporären Quartiers.

Und so starten wir bei schönstem Wetter von Farstad zu einer Rundfahrt über die Insel Averøya. Jeder, der schon einmal durch die Fjordlandschaft gefahren ist, weiß, dass man in Norwegen ruckizucki Fährenkönig wird, weil man zum anderen Ufer übersetzen muss. Wie nett, dass auf dem Weg von Farstad nach Averøya die Atlantikstraße winkt. Nicht nur, dass man gemütlich von Insel zu Insel fahren kann, nein die Natur lädt einen auch noch ein so ziemlich an jedem Aussichtspunkt anzuhalten und zu genießen. Die Brücken, den Atlantik, die felsige Küstenlandschaft. Die Sonne meint es auf unserer Tour besonders gut, weil sie das Ganze in goldenes vorwinterliches Licht taucht. Zum Schwärmen!

Copyright: insidenorway

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Ja, da möchte man gleich den Picknickkorb auspacken, was im Sommer definitiv eine Option ist, zumal an der größten der Brücken, der Storseisund-Brücke, ein zauberhafter Rundgang errichtet wurde, von dem man den ultimativen 360° Blick genießen kann. Bänke inklusive. Eigentlich könnte man hier stundenlang sitzen und wechselnd auf die Atlantikstraße und den offenen Atlantik schauen, aber da die Tage in dieser Jahreszeit  bekanntlich kurz sind, fahren wir nach kurzem Aufenthalt weiter. Und die Highlights sind auch noch lange nicht zu Ende.

Kaum auf Averøya angekommen muss ich so ziemlich an jedem Grashalm aussteigen, zum Leidwesen meiner lieben Freundin Sabine, die mich den ganzen Weg kutschiert. Aber an jeder Ecke lockt einfach ein zu verführerischer Blick in die Natur. Vor allem wenn das Wasser winterlich-eisigen Schimmer hat und der morgenliche Reif auf den Wiesen schlummert. Ein Traum! Wie die Kinder freuen wir uns über den atemberaubenden Blick und hüpfen von Fotomotiv zu Fotomotiv.

Averøya, Copyright: insidenorway

Averøya, Copyright: insidenorway

Zwischendurch werfen wir den Blick auf die riesigen Gehege der Lachszüchter. Hier draußen ist die Fischzucht wohl die häufigste Einnahmequelle, denn die runden Netze liegen zahlreich im Wasser und glänzen in der Sonne. Den Lachsen gefällt es wohl weniger irgendwann auf dem Teller zu landen.

Und weiter geht es. Nach Kvernes. Hier liegt eine der Stabkirchen der Provinz. Malerisch, auf dem Hügel mit Blick auf den Fjord und ordentlich gestützt von einer Vielzahl von Balken. Ja, Møre og Romsdal glänzt eben zeitweilig mit Wind vom Feinsten. Und damit das Kirchlein nicht einfach umgeblasen wird, stemmen sich die Balken gegen die Außenwände. Selbsterhaltungstrieb. Wir steigen wieder mal aus, weil auch der Blick auf den Fjord überwältigend ist. Das Paradies könnte nicht schöner sein. Und: Stille. Von Oslo bin ich ja eher Trubel gewöhnt, aber hier kann man die Seele mal so richtig baumeln lassen. Der Blick ins Innere bleibt uns leider verwehrt. Nun ja, man kann nicht alles haben. Dafür genießen wir Wikinger-Feeling im Steinkreis unterhalb der Kirche und stellen uns Gerichtsverhandlungen vor mehr als tausend Jahren vor. Die Steine liegen da wie stumme Zeugen aus vergangener Zeit, aber ihre Ausstrahlung haben sie nicht verloren.

Kvernes Stavkirke, Copyright: insidenorway

Kvernes Stavkirke, Copyright: insidenorway

Auf dem Rückweg nach Farstad nehmen wir noch die letzten Sonnenstrahlen mit. Kleine schmusige Fischerdörfchen sind am schönsten im Abendglanz. Wie zum Beispiel Harøysund. Und da lässt es sich auf vereisten Holzplanken auch am besten rutschen. Bloß nicht in den Fjord fallen. Die Wassertemperatur lädt in dieser Jahreszeit wahrhaft nicht zum winterlichen Bad ein. Auch die Boote scheinen in den Winterschlaf gefallen. Alles ruhig, alles still. Ohne Hektik. Mehr Genuß geht nicht.

Copyright: insidenorway

Harøysund, Copyright: insidenorway

Allerdings freuen wir uns nach fünf Stunden in der winterlichen Natur jetzt doch auf das warme Haus, den Kamin und Relaxing. Bis zur nächsten Tour durch die Provinz Møre og Romsdal. To be continued….. 🙂 ❤

71° Nord oder wo Europa zu Ende ist – das Nordkapp

Eigentlich ist es ja nur ein Schieferplateau, das 300m aus dem Meer herausragt. Und der nördlichste Punkt Europas ist es auch nicht. Aber: wer jemals an diesem Punkt Europas gestanden hat hält andächtig inne, blickt auf den schier unendlichen Horizont und fühlt sich eins mit der Natur. Mal erstrahlt es in der Mitternachtssonne, mal liegt es von Nebel umhüllt, mal in völliger Dunkelheit der Polarnacht. Aber IMMER steckt es einen an mit einer ganz besonderen Mystik. Das Nordkapp.

Ja es ranken sich eine ganze Menge „Fakten“ um diesen nördlichen Punkt in Europa. Nördlichster Punkt des Festlands? Nein! Genauer gesagt liegt das Nordkapp nicht auf dem Festland, sondern auf der Insel Magerøya, aber wir wollen mal nicht so sein. Magerøya bedeutet übersetzt „karges Land“ und das ist auch Programm. Allerdings tut das dem Zauber der Insel keinen Abbruch. Wir sind eben sehr weit im Norden, aber bis zum Nordpol sind es trotzdem immer noch 2.000km! Und wenn man an der gußeisernen Weltkugel steht blickt man nach links und schaut auf die Landzunge Knivskjellodden, die einen Kilometer weiter nördlich ins Meer ragt. Die Ich-bin-der-nördlichste-Punkt-Europas-Konkurrenz schläft eben nicht. Silbermedaille für das Nordkapp.

Nordkapp Lars Helge Jensen

Copyright: Bjarne Riesto / riesto.no / http://www.nordnorge.com / Nordkapp

Die meisten nehmen sich ja überhaupt viel zu wenig Zeit für das kleine Eiland. Wenn man schon mal da ist sollte man auch den Rest von Magerøya erkunden. Außerdem kann man so eventuelle Schlechtwetterlagen freundlich bitten doch in den nächsten 48 Stunden abzuziehen, so dass man ausblicksmäßig am Nordkapp auch auf seine Kosten kommt. Blicken wir also auf Honningsvåg. Schmusiges Fischerdörfchen und Anlaufstätte zahlreicher Kreuzfahrtschiffe und natürlich auch der Hurtigruten, deren Schiffe hier täglich anlegen um die Post vorbei zu bringen und um zahlreichen Passagieren Nordkapp-Feeling zu bescheren.

Genau wie das Nordkapp erfreut sich auch auf Magerøya Honningsvåg eines Titels, der geografisch nicht den Tatsachen entspricht. Seit den 1990er Jahren gilt das Dörfchen als nördlichste Stadt der Welt, obwohl es einige Städte gibt, die noch weiter nördlich liegen. Hier reicht es noch nicht mal zur Silbermedaille. Aber das macht nichts. Honningsvåg ist trotzdem zauberhaft!

Honningsvåg, Copyright: Trym Ivar Bergsmo / www.nordnorge.com / Nordkapp

Honningsvåg, Copyright: Trym Ivar Bergsmo / http://www.nordnorge.com / Nordkapp

Fischerdörfer gibt es in Norwegen ja bekanntlich reichlich. So auch auf Magerøya. Eines davon ist Gjesvær. Heute ungefähr 130 Einwohner zählend ist das Städtchen seit den 1970er Jahren etwa auf ein Drittel seiner Bewohner geschrumpft. Aber: es ist die einzige Siedlung, die sich in der Provinz Finnmark bis in die Wikingerzeit zurückverfolgen lässt. Schon im Jahr 1230 wird sie erwähnt. Dass von den deutschen Besatzungstruppen 1944 alles niedergebrannt wurde wollen wir unter den Tisch fallen lassen.

Fishing village close to North Cape

Gjesvær, Copyright: Bjarne Riesto / riesto.no / http://www.nordnorge.com / Nordkapp

Hat man die Insel Magerøya umrundet, kehrt man zurück zum Nordkapp, entweder weil man hofft, dass das Wetter nun besser ist, oder weil man sich vom Anblick der Ozeanweite nicht lösen kann, oder beides. Auf jeden Fall aber beschließt man, dass es nicht das letzte Mal war, dass man hier gestanden hat, am Nordkapp, am Tor zum Nordpol, am Tor zum Ende der Welt! 🙂 ❤

Wo der Teufel beißt und man als Fischer anheuert – unterwegs auf der Insel Senja

Auch wenn man schon oft in Norwegen unterwegs war entdeckt man immer noch kleine Perlen, die sich als etwas ganz Großes erweisen. Wie die Insel Senja. Obwohl: von „kleiner“ Perle kann man nicht wirklich sprechen, denn immerhin ist die Insel die zweitgrößte des Landes. Wie bei Inseln so üblich liegt sie vor der Küste, und zwar 350km nördlich des Polarkreises. Demnach taucht dieses Fleckchen zwar bald in die Polarnacht ein, aber die Sonne kommt ja wieder. Und dann sollte man sich unbedingt Zeit nehmen Senja zu erkunden.

Und wer das tut wird ganz schnell feststellen, das Senja sozusagen ein kleines Norwegen in Norwegen ist. Man bekommt nämlich gleich einen Querschnitt durch alles, was norwegische Natur zu bieten hat. Zum Land hin kommt Senja ganz sanft daher. Moose, Kiefernwälder, idyllische Hügel. Zum offenen Meer hin geht es schroff zu. Die Felsen haben sich bei ihrer Entstehung überlegt, dass sie der zuweilen tobenden See unbedingt standhalten wollen. Passend, dass sie den Namen „Gebiss des Teufels“ tragen.

Das Gebiss des Teufels, Copyright: Frank Andreassen / www.nordnorge.com / Berg

Das Gebiss des Teufels, Copyright: Frank Andreassen / http://www.nordnorge.com / Berg

Ja, ich stelle immer wieder fest, dass die Norweger ein besonderes Händchen dafür haben ihre Natur mit adäquaten Titeln auszustatten. Aber sie treffen immer den Nagel auf den Kopf. Das Okshornan, wie die Bergkette eigentlich heißt, hat tatsächlich etwas von gleich zubeißendem Unterkiefer und erhebt sich 700m aus dem Meer.

Berge hat die Insel denn auch reichlich und viele davon kann man leicht erwandern, also auch was für mich. Die atemberaubende Aussicht ist im Lieferumfang der Natur enthalten. Norwegen eben! Ich persönlich finde ja die kurzen und mittleren Touren schon deshalb zauberhaft, weil man am Ziel einfach richtig Zeit hat das Panorama in sich aufzusaugen. Der Tourcrack kann sich am Ziel per SMS auf seiner persönlichen Tourenkarte registrieren und bekommt am Schluss eine Übersicht über alle erkletterten Tourenziele. Für den Erinnerungsaltar zuhause. 😉

Copyright: Gunder Gabrielsen / www.nordnorge.com / Lenvik

Copyright: Gunder Gabrielsen / http://www.nordnorge.com / Lenvik

Derjenige, der Berge lieber von unten anschaut, genießt die spektakuläre Natur im alten Fischerdorf Hamn.  Industrie und Handel haben sich zurückgezogen und Platz gemacht für alle, die die traumhafte Lage zwischen Fjord und Fjell voll für sich auskosten möchten. Also rauf auf den Leuchtturm mit 360Grad-Panoramablick!

Weiter geht es nach Mefjordvær, ebenfalls historisches Fischerdorf. Was auch sonst. Schließlich befinden wir uns auf Senja in einer Anglerhochburg. Für Aktivitätsverweigerer ist das Dörfchen überhaupt nichts, für den Aktivitätswütigen schlichtweg das Paradies. Der bleibt dann am besten auch ein wenig länger, damit man Seeadler- und Fjordsafaris, Wandertouren und Meeresangeln auch in voller Gänze mitnehmen kann. Logisch, dass auch hier der Leuchtturm das Fotomotiv schlechthin ist.

Mefjordvær, Copyright: Reiner Schaufler / www.nordnorge.com / Berg

Mefjordvær, Copyright: Reiner Schaufler / http://www.nordnorge.com / Berg

Mein Top-Favorit auf Senja ist ja die Aktion: Fischer für einen Tag. Das macht man in Gryllefjord. Das Dörfchen lebt von der Fischindustrie, wie sollte es auch anders sein. Wer denkt, dass man mal gemütlich mit dem Fischkutter raustuckert und den Fischern bei der Arbeit zuschaut: nix da, hier wird gearbeitet! Vom ersten Moment an ist man Teil der Mannschaft, mit vollem Einsatz und der Tag dauert so lange bis sich genug Fischlein ins Netz verirrt haben. Wer vorher an Land möchte, muss sich dem Fischeralltag beugen und die Zähne zusammenbeißen. Ja, da merkt man gleich die Abhängigkeit von Wind und Wetter, wenn man bei zeitweilig rauher See auf die Erfüllung der Fangquote wartet. Gleichzeitig bekommt man eine Lehrstunde in Fischen mit unterschiedlichen Geräten und wenn die Fischlein an Bord sind, geht die Arbeit erst richtig los. Fische ausnehmen heißt die Paradedisziplin, die jeder „Gastfischer“ gleich an Bord vorführen darf. Dafür darf man am Schluss auch eine gehörige Portion Fischfilets mitnehmen und sie zum Abendessen genießen wie sie frischer nicht sein könnten.

Mitternachtssonne über Gryllefjord, Copyright: Reiner Schaufler / www.nordnorge.com / Torsken

Mitternachtssonne über Gryllefjord, Copyright: Reiner Schaufler / http://www.nordnorge.com / Torsken

Ja und man darf nicht vergessen, dass zu der ganzen Naturfülle, die Senja sowieso schon bietet, auch noch Mitternachtssonne und Nordlichter kommen.

Fazit: Wer nach Nordnorwegen reist, sollte unbedingt auf diesem Inselkleinod Station machen. Am besten gleich mit reichlich Zeit, denn hinter jedem Berg tut sich eine neue zauberhafte Bergkette auf oder ein kleines Fischerdorf, dass nur darauf wartet ein neues Norwegenherz für sich zu gewinnen. Ausprobieren!

Rudolphs Heimat oder wo die Rentiere wohnen – Finnmarks Weiten und Sami-Tradition

Jetzt, wo der erste Advent naht, denkt man ja wieder unweigerlich an Rentiere. Zeit also sich die pelzigen Kerlchen und ihre norwegische Heimat einmal näher anzuschauen. Bevorzugt ziehen sie ja in Herden durch die norwegische Landschaft und das wiederum tun sie gerne in der Provinz Finnmark. Schließlich leben da auch diejenigen, die traditionell immer von der Rentierhaltung gelebt haben und teilweise immer noch leben: die Sami.

Copyright: Anne Olsen-Ryum / www.nordnorge.com / Hasvik

Copyright: Anne Olsen-Ryum / http://www.nordnorge.com / Hasvik

Wir starten in der Finnmarksvidda. Immerhin macht die Hochebene gut ein Drittel der gesamten Provinz aus und weil sie so kontinental liegt, gibt es hier auch gleich die kältesten Wintertemperaturen in ganz Norwegen. Die tiefste je gemessene Temperatur von -51, 4 Grad Celsius ist schon lange her, und im Vergleich dazu sind die heutigen Winter mit durchschnittlich -17 Grad mollig warm. Ja, der norwegische Norden ist nichts für Weicheier. Aber für Rentiere. Sie ziehen denn auch gemächlich durch die Weite der Finnmarksvidda, weitgehend ungestört von den Sami, die lediglich die schlachtreifen Tiere aussortieren und die Herden vor Raubtieren schützen. Jagd ist schon lange passé, man co-existiert in nomadischer Landwirtschaft. Ja, und weil Rentiere eben ziehen wie sie wollen – also auf den natürlichen Wanderrouten – steht man gelegentlich auch mit dem Auto auf der Straße oder im Tunnel und lernt Geduld zu üben wenn eine Rentierherde gemütlich ihres Weges zieht.

Copyright: Trym Ivar Bergsmo / www.nordnorge.com / Hammerfest, Nordkapp

Copyright: Trym Ivar Bergsmo / http://www.nordnorge.com / Hammerfest, Nordkapp

Und wenn man so da sitzt und die Tiere vorbei ziehen sieht, fällt einem unweigerlich auf, dass alle ein Geweih auf dem Kopf tragen. Ja, das ist die Besonderheit an ihnen. Sie sind die einzigen Hirschtiere, bei denen auch die weiblichen Tiere mit stattlichem Kopfschmuck ausgestattet sind. Den brauchen sie auch, wenn der Rentier-Herzbube der Herzdame im Winter mit den Hufen die Flechten ausgräbt und ein Konkurrent die Leckerei streitig machen will. Die Natur-Speisekarte für Rentiere ist im Winter ohnehin schon spärlich bestückt. Man frisst sich mehr im Sommer satt, wenn die Wiesen saftig sind und legt sich ordentlich Winterspeck zu. Rentier-Schönheitsideal. 😉

Zum Mißfallen der Rentiere landen selbige gerne bei den Sami auf dem Teller. Ja, und auch ich muss zugeben, dass Rentier-Geschnetzeltes mit Kartoffeln, Rosenkohl und frischer Preiselbeermarmelade etwas für sich hat.

Copyright: Ørjan Bertelsen / www.nordnorge.com / Tana

Copyright: Ørjan Bertelsen / http://www.nordnorge.com / Tana

Und wenn man schon in der Provinz Finnmark unterwegs ist, sollte man unbedingt in Kautekeino vorbei schauen. Denn erstens gibt es hier noch reichlich samische Tradition und wer will, kann im Lavvu, dem samischen Zelt übernachten. In punkto Platzangebot, Ofentauglichkeit und Geselligkeit kann da so ziemlich nichts mithalten. Kalt war gestern. Auch wenn das Feuer das Zelt gut einheizt, hüllt man sich aber selbstverständlich in Rentierfelle – was auch sonst. Die halten zusätzlich lecker warm. Bekommt man dann noch zusätzlich „bidus“ ist man im Sami-Suppenhimmel, zubereitet aus Fleisch, Kartoffeln und Karotten. Köstlich! Auf keiner samischen Hochzeit darf die Suppe fehlen.

Copyright: Magnus Ström / www.nordnorge.com / Sortland

Copyright: Magnus Ström / http://www.nordnorge.com / Sortland

In Kautokeino – wo übrigens eindeutig mehr Rentiere als Menschen leben – konzentriert sich auch alles, was mit Ausbildung und Forschung in Bezug auf die Sami zu tun hat, die Samische Hochschule und das Nordisch-Samische Institut zum Beispiel. Vielleicht liegt deshalb über der Kommune auch so ein Hauch von nordischer Exotik. Man ist eben quasi ein bißchen außerhalb von Norwegen, auch wenn man sich natürlich de facto in Norwegen befindet. Aber das Gebiet hat den Zauber alter Tradition und Ureinwohner-Atmosphäre.

Ihre traditionelle Kleidung tragen die Sami fast nur noch bei Festlichkeiten, früher rundum aus Leder hergestellt, heute aus gewalktem Wollstoff, der in den meisten Gegenden blau leuchtet. Natürlich können die Sami an der Gestaltung die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gegend ablesen. Da ich das nicht kann, erfreue ich mich an den zauberhaft bunten Farben, Bändern, Tüchern und den typischen Schuhen mit hochgezogener Spitze. Natürlich haben die Farben ebenfalls eine Symbolik. Blau steht für den Himmel, gelb für die Sonne, rot für das Feuer und grün für die Erde. Eingängig nachvollziehbar und auch in der samischen Flagge farblich verankert.

Fazit: wer die Gelegenheit hat im äußersten Norden des Landes vorbei zu schauen bekommt eine üppige Portion Natur, Tradition und Besonderheit. Oh, und Nordlichter gibt es auch. Ausprobieren! 🙂

Wo der Mond das Wasser regiert und die Nordlichter sich wohlfühlen – rund um Bodø

Ja der Mond hat mit der norwegischen Natur einen besonderen Deal. Genauer gesagt zwischen äußerem Saltfjord und Skjerstadfjord. Denn mit seiner Schwerkraft lässt unser himmlischer Begleiter galant den stärksten Gezeitenstrom der Welt, den Saltstraumen, hin- und herfließen. Nun ja, von galant kann man zeitweilig nicht sprechen, denn es strudelt schon gewaltig, wenn sich das Wasser auf 150 Meter Breite mit aller Kraft seinen Weg durch den 2,5 km langen Sund sucht. Strudel kann der Saltstraumen in Perfektion. Netterweise führt eine Brücke über den Strom und man kann sich gleich aus der Vogelperspektive dem Schauspiel hingeben, wenn die Strudel schäumend an der Wasseroberfläche tanzen. Ich finde es zu dieser Zeit immer deutlich besser von der Brücke oder vom Ufer auf das Gezeitenschauspiel zu blicken, als vom Boot mitten im Strudeltaumel.

Saltstraumen, Copyright: Tommy Andreassen / www.nordnorge.com / Bodø

Saltstraumen, Copyright: Tommy Andreassen / http://www.nordnorge.com / Bodø

Ja bei sowas bin ich eben ein Angsthase, obwohl mir die Mutigen regelmäßig sagen, dass Rafting mitten auf dem Strom riesen Spaß macht. Ok, Strudel von bis zu zehn Meter Durchmesser sind aus nächster Nähe natürlich noch deutlich imposanter und sie gemahnen einen, dass die Natur uns eben immer überlegen ist. Nicht umsonst gibt es auf jeder Rafting-Tour sozusagen Ganzkörperschwimmwesten. Die Fischlein, die sich hier ebenfalls zu Hauf tummeln, lässt der reissende Strom allerdings ziemlich kalt. Sie genießen einfach das herrlich sauerstoffreiche Wasser und sind dann wohl eher weniger begeistert wenn sie am Haken eines Anglers hängen, die hier besonders gerne auf Fischfang gehen.

Copyright: Tore Schöning Olsen / www.nordnorge.com / Bodø

Copyright: Tore Schöning Olsen / http://www.nordnorge.com / Bodø

Weiter geht es mit einem Naturleckerbissen unweit von Bodø. Abfahrt in selbiger Stadt mit der Schnellfähre um 7:20 Uhr. Für mich als notorischen Langschläfer und Spätarbeiter die ideale Abfahrtszeit.  😉 Ok, für das, was einem geboten wird, kann selbst ich mich am frühen morgen aus dem Bett schwingen. Es geht nämlich vor die Küste auf die Inselgruppe Væran. Hier tummelt sich inselmäßig alles, was mit „æ“ geschrieben wird: Givær, Bliksvær, Landegode, Helligvær und Karlsøyvær. Nun ja Landegode fällt etwas aus dem Rahmen. 😉

Die Inseln liegen in Hundertergruppen dreißig Kilometer von Bodø entfernt und bieten so ziemlich alles, was mit Natur zu tun hat. Vom Naturreservat bis zum ältesten, noch erhaltenen typischen Nordland-Fischerdorf, wo heute noch aktiv Fischwirtschaft betrieben wird, die Eiderenten Haustiere sind und die Kühe auf so abgelegenen Wiesen stehen, dass die Bauern mit dem Fischerboot hinaus fahren müssen um sie zu melken. Wer sich in die kleine Inselwelt verliebt – und das ist quasi unvermeidbar – kann gleich in der Fischerhütte übernachten. So ursprünglich. So norwegisch. Und so eine Wohltat für die Seele!

Helligvær, Copyright: Ernst Furuhatt / www.nordnorge.com / Bodø

Helligvær, Copyright: Ernst Furuhatt / http://www.nordnorge.com / Bodø

Das größte Eiland im ganzen Inselchaos ist zweifelsohne Landegode. Das „gute Land“ hält namentlich wirklich, was es verspricht und ich kann mich ruckizucki für einen Spaziergang auf den 802m hohen Rypdalstinden begeistern. Die Wahnsinns-Aussicht legt den Gedanken nahe, dass die Fähre doch einfach ohne mich weiter fahren kann. Ich bleib hier und genieße 360 Grad Norwegen-Panorama! Also man sollte überlegen vor der Überfahrt sein Zelt zu schultern und gleich das rundum-Naturfeeling ausprobieren. Wenn man will, darf man aber auch ins Hotel, das auf der Nordseite der Insel liegt. Mit 1.000kr für das Doppelzimmer zwar eindeutig teurer als zelten, aber jetzt, wo der Winter kommt, bevorzuge ich doch den Komfort eines warmen Bettes.

Blick auf Landegode, Copyright: Ernst Furuhatt / www.nordnorge.com / Bodø

Blick auf Landegode, Copyright: Ernst Furuhatt / http://www.nordnorge.com / Bodø

Bleibt die Stadt Bodø an sich. Ok, ich habe ja schon einmal geschrieben, dass nach Norden der Städte-Glamourfaktor eindeutig abnimmt, dafür aber die Natur der Marke „atemberaubend“ zunimmt. Also die Hauptstadt der Provinz Nordland ist wie ich finde nicht unbedingt die architektonische Perle schlechthin, aber was dort schlichtweg phantastisch ist, ist das magische Licht, dass zuweilen über der Stadt leuchtet. Da bricht die Sonne sich den Weg durch die Wolken und taucht den Himmel in gold, violett und rot. Ja das macht den Nordlichtern Konkurrenz. Und auch die gibt es in  Bodø ziemlich häufig, denn die Stadt liegt bereits im Polarlichtoval, also dem nördlichen Teil unseres Planeten, der bevorzugt vom koronalen Massenauswurf, sprich Sonnenwind,  geküsst wird. Blickt man auf Bodø wenn die Nordlichtvorhänge sich zeigen und sanft zu tanzen beginnen, ist man im Norwegen-Lightshow-Paradies.

Magisches Licht über Bodø, Copyright: Ernst Furuhatt / www.nordnorge.com / Bodø

Magisches Licht über Bodø, Copyright: Ernst Furuhatt / http://www.nordnorge.com / Bodø

Und wer sich fragt, warum in der Fußgängerzone dem Seeadler ein Denkmal gesetzt wurde, braucht nur in den Himmel zu blicken. Die mächtigen Vögel kreisen fast täglich über Bodø und erfreuen das Norwegenherz, wie sie auf ihren Schwingen durch die Luft gleiten. Also nicht zögern, Nordlandreise planen und die wunderbarsten Lichtschauspiele im Herzen mitnehmen! 🙂 ❤

 

Sie ist weg – 111 Tage lang – seit heute liegt die Polarnacht über Svalbard

Wo gestern noch der Tag ganze 43 Minuten gedauert hat, ist heute Dunkelheit. Sie ist also da, die Polarnacht. Ja, und es hat immer etwas magisches, wenn man weiß, dass nun für drei Monate Schluss ist mit dem Tageslicht. Und es ist wirklich Schluss. Noch nicht einmal die Dämmerung wagt sich über den Horizont, zumindest von Mitte November bis Mitte Januar. Auch die Sonne möchte mal Pause machen und geht dann sechs Grad unter dem Horizont in den Winterschlaf. Natürlich brennt sie weiter, aber eben nicht für Svalbard. Es ist ja auch alles anders hier im Polarmeer. Gemeinhin denkt man ja gerne Norwegen sei am Nordkapp zu Ende, obwohl es in punkto Schengen-Abkommen wirklich so ist. Wo man auf dem norwegischen Festland durch die Passkontrolle einfach durchmarschiert, darf man hier mit dem Reisepass winken. Dafür kann man sich auf ganz Svalbard in den Duty-free-Rausch shoppen.

Longyearbyen, Copyright: Marcela Cardenas / www.nordnorge.com / Longyearbyen

Longyearbyen, Copyright: Marcela Cardenas / http://www.nordnorge.com / Longyearbyen

Ok, Shopping ist natürlich eher nicht das vorrangige Argument um sich nach Svalbard zu begeben. Vor allem weil die gesalzenen Flugpreise dorthin das Tax-free-Ding gleich wieder ausgleichen. Man kommt eben wegen der Natur. Und wegen der 1.000 Abenteuer, die man hier in ihr erleben kann. Ja und das geht auch im Dunkeln. Denn wenn die Polarnacht über Svalbard liegt, knarrt der Schnee besonders intensiv und die Landschaft liegt noch ruhiger da als sonst. Gott sei Dank hat der Mond auch im Winter phasenweise die Güte ein bißchen seines Scheins auf die Inselgruppe abzustrahlen und taucht so den Schnee in ein zartes Lichtspiel. In dieser völligen Stille der Natur ist ja mein Favorit eine Tour auf Snowshoes. Etwas gewöhnungsbedürftig so etwas wie Mini-Ski unter die Füße zu schnallen, aber immerhin bewirken sie, dass man nicht hoffnungslos im Schnee versinkt. Welche Route man bekommt, weiß man so gut wie nie, weil das Wetter auf Svalbard so schnell wechseln kann, dass ich mich da auf die Erfahrung der Tourguides verlasse und ihnen  die Auswahl anvertraue. Schließlich will man ja auch wieder wohlbehalten in seiner Unterkunft landen. Auf der Tour spricht man dann auch kaum, man hat geradezu das Gefühl, man störe damit die Natur. Aber manchmal vergisst man das Plappern einfach auch, weil die Landschaft einem die Sprache verschlägt. Ein Fest!

Copyright: Marcela Cardenas / www.nordnorge.com / Longyearbyen

Copyright: Marcela Cardenas / http://www.nordnorge.com / Longyearbyen

Wer immer schon mal wissen wollte, wie es so ist als Trapper zu leben, kann sich auf Svalbard austoben. Voll ausgestattet wieder mal mit Snowshoes, Stirnlampe und einem eigenen Husky geht es in die Weite der Inselgruppe. Gott sei Dank ist eine Zeltübernachtung außen vor. Obwohl die Temperaturen für die geographische Lage von Svalbard verhältnismäßig moderat sind, bin ich bei winterlichen Camping-Vorschlägen eher zurückhaltend. Der warme Drink, den man in der Trappersiedlung,  10km von der Stadt Longyearbyen entfernt, erhält kommt mir da deutlich gelegener. Hier erlebt man dann auch echtes Trapper-Feeling und ahnt wie es war in der Wildnis Rentiere und Robben zu jagen. Und auch der Guide erfreut einen mit Geschichten rund um das Trapperleben. Zeigt sich dazu noch die Aurora Borealis gnädig ist man im Svalbard-Himmel.

Copyright: Marcela Cardenas / www.nordnorge.com / Longyearbyen

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Fazit: die Polarnacht übt einen unvergleichlichen Reiz aus um sich dem Zauber von Svalbard hinzugeben. Wer an der völligen Dunkelheit verzweifelt sucht sich die Zeit unmittelbar vor und nach der Polarnacht aus. Dann hat man quasi alles. Lange Nächte, Polarlichter und immerhin ein paar Stunden Tageslicht um die ganze Schönheit der Inselgruppe zu entdecken. Also auf ins Polarmeer! 🙂

 

Wo der Polarkreis wohnt und die Berge Löcher haben – Helgeland

Mo i Rana, hier kann man den Polarkreis riechen. Die größte Stadt der Region Helgeland liegt gerade einmal achtzig Kilometer von ihm entfernt. Nun ja ein Kleinod ist die Stadt vielleicht nicht, viel Schwerindustrie eben. Aber der Polarkreis. Irgendwie übt er eine besondere Faszination auf mich aus. Ich finde, dass immer, wenn man ihn nach Norden überschreitet, die Natur leise sagen will: ab hier ist es anders. Man bewegt sich ja auch sozusagen aus der gemäßigten Zone ins Polargebiet. Ab hier gibt es Mitternachtssonne und Polarnacht und natürlich die Nordlichter. Sie sind ja nicht IMMER so gnädig, dass sie sich selbst bis zu uns nach Oslo hinunter bemühen. Ok, unmittelbar am Polarkeis sind auch Dauerhelligkeit und Dauerdunkel ein eher kurzes Vergnügen, aber hier beginnt die magische Zone. Natürlich ist der Polarkreis überall markiert, so dass man ihn, egal ob man ihn zu Land oder zu Wasser überschreitet, nicht verpassen kann.

Polarkreisgrenze, Copyright: Rune Fossum / www.nordnorge.com / Rødøy

Polarkreisgrenze, Copyright: Rune Fossum / http://www.nordnorge.com / Rødøy

Aber Polarkreis hin oder her: er markiert das Ende der Region, wir starten also südlich. Schließlich gibt es im Gebiet Helgeland ja noch viel mehr zu sehen. Also ein paar Tage zurückspulen. Start Oslo. Ok, es sind dann doch ein paar Kilometer bis man die Grenze zur Provinz Nordland passiert, aber die E6 zieht sich netterweise durch ganz Norwegen, kein Verfahren, man folgt einfach der Straße und Natur hat man auch noch drumherum. Nun ja, je nachdem, wo man hin will, muss man sich dann doch ein wenig durch den Küstenstraßendschungel kämpfen und von der E6 abweichen. Zum Beispiel, wenn man den Torghatten sehen will. Aber man muss ihn einfach besuchen. Er liegt in unmittelbarer Küstennähe auf der Insel Torget. Unverwechselbares Kennzeichen: ein Loch im Bauch. Und hier muss man nicht einmal grübeln, wie es denn da rein gekommen ist, denn Norwegen liefert die Legende gleich dazu.

Copyright: Ronny Lien / www.visithelgeland.com / Brønnøy

Copyright: Ronny Lien / http://www.visithelgeland.com / Brønnøy

Sie rankt sich um Liebe, eine wilde Jagd und die aufgehende Sonne, die schließlich alles versteinerte. Man soll nach der Liebsten eben nicht mit Pfeilen werfen, so wie es der Königssohn Hestmannen tat. Der Pfeil konnte durch den Wurf eines Hutes aufgehalten werden. Das Loch, das selbiger im Hut hinterließ, ist eben heute noch im Felsen zu sehen. Die versteinerte Kopfbedeckung in Form des Torghatten ist jedoch nicht das einzige Überbleibsel dieser Legende. Weiter nördlich auf der Insel Alsten südlich von Sandnessjøen liegen die sieben Schwestern. Ursprünglich die nichtbeachteten Geschwister der hübschen Lekamøya. Ja, Hestmannen hatte eben nur Augen für seine Angebetete. Das Versteinerungsschicksal blieb allerdings auch den Schwestern nicht erspart. Bei Sonnenaufgang erstarrten auch sie zu Felsen. Heute liegen sie in Form von markanten Gipfeln aufgereiht und erfreuen den Besucher mit einem zauberhaften Blick von der Küstenstraße 17 aus oder wenn man mit den Hurtigruten vorbeischippert. Ja, das ist Norwegen-Romantik.

Sieben Schwestern, Copyright: Erlend Haarberg / www.visithelgeland.com / Herøy

Sieben Schwestern, Copyright: Erlend Haarberg / http://www.visithelgeland.com / Herøy

Und dann gibt es noch einen besonderen Naturleckerbissen. Bewegt man sich wieder ein Stück weiter nach Norden, gelangt man zum Vega-Archipel, der unmittelbar vor der Küste liegt. UNESCO-Welterbe wird man so schnell nicht, aber die 6.000 Inseln haben sich ihren Platz in der Liste erobert. Schließlich erfreute sich Tier und Mensch hier immer einer besonderen Symbiose. Wo der Mensch den Eiderenten einen behüteten Nistplatz gab, bedankten sich die Enten eben mit den zurückgelassenen Daunen, die der Mensch wiederum zu hochwertigen Daunendecken verarbeitete, die in die ganze Welt verkauft wurden. So geht Zusammenspiel zwischen Tier und Mensch und ein paar der Bruthäuschen sind immer noch in Betrieb. Logisch, dass der Vega-Archipel auch ein Paradies für Vogelbeobachtung ist.

Copyright: VegaVega, Hauptinsel des Vega-Archipels, Copyright: Opplevelsesferie / www.visithelgeland.com / Vega

Vega, Hauptinsel des Vega-Archipels, Copyright: Vega Opplevelsesferie / http://www.visithelgeland.com / Vega

Weiter geht es nach Norden. Zum Svartisen Nationalpark. Einer der schönsten in Norwegen, weil er so abwechslungsreich ist. Berge, Gletscher, Täler, durch die sich Flüsse schlängeln, Hochebenen. Für jede Kondition etwas. Und hier schließt sich der Kreis – der Polarkreis. Durch den Park verläuft er und das sieht man. Viele Pflanzenarten machen in ihrer Ausbreitung vor ihm stopp als wollten sie sagen: in der Polarregion ist es uns zu kalt. Umgekehrt weigert sich die Polarvegetation seine Grenze nach Süden zu überschreiten. Natur ist eben intelligent.

Für dieses mal ist tourenmäßig Schluß. Den Vorstoß noch weiter nach Norden heben wir uns für eins der nächsten Abenteuer auf. Schließlich muss man sich die Vorfreude bewahren. Im Norwegen-Herz! 🙂

Jugendstil und norwegische Alpenromantik der Extraklasse – Ålesund und Sunnmøre

Wenn man sich in Ålesund aufhält weiß man eigentlich gar nicht womit man zuerst beginnen soll. Stadt oder Natur. An diesem Fleckchen Norwegens hat sich nämlich so ziemlich alles zusammen getan, was man gemeinhin als Postkartenmotive bezeichnet. Und in Ålesund zeigt sich, dass Stadtbrände durchaus ihre Vorzüge haben können. 1904 musste die Stadt sich einem Großbrand beugen und verfügte innerhalb von sechzehn Stunden über 850 Gebäude weniger. Also wurden die Ärmel hochgekrempelt und  innerhalb von drei Jahren alles wieder aufgebaut. Die Jugendstilarchitektur freute es, denn sie konnte sich mal so richtig ausbreiten. Und genau das ist heute der Zauber von Ålesund. Türmchen, geschwungene Linien, ovale Elemente, alles hübsch aneinandergereiht am Wasser, verbunden mit der Bergkulisse, ja hier gerät man leicht in Verzückung.

Ålesund, © Sverre Hjørnevik / www.fjordnorway.com

Ålesund, © Sverre Hjørnevik / http://www.fjordnorway.com

Und wenn man die Stadt gleich im Ganzen sehen möchte, klettert man einfach auf ihren Hausberg, den Aksla und genießt nach 418 Stufen einen zauberhaften Blick, wenn man Glück hat inklusive der „Blauen Stunde“. Ja, dieses Naturschauspiel ist ein besonders faszinierendes. Regelmäßig „verirrt“ sich in der Dämmerung soviel kurzwelliges Licht an den Horizont, dass es alles in ein ganz besonderes Blau taucht. Und die Stadt schmust sich auf ihre Insel und ruht sanft im gedämmten Glanz.

Blaue Stunde in Ålesund

Blaue Stunde in Ålesund

Aber es gibt ja auch Natur rund um Ålesund. Gleich vor der Haustür, im Südwesten, liegt die Vogelinsel Runde. Wer Papageitaucher liebt, ist hier gleich von 100.000 brütenden Paaren umgeben, dazu gesellen sich Möwen, Basstölpel und noch so ziemlich alles, was sich Seevogel nennt. Immerhin leben auch rund hundert Einwohner auf der Insel und wer sich hier länger aufhalten möchte um die Vogelkolonien zu beobachten, mietet sich gleich ein Fremdenzimmer. Wer vor der Küste taucht, findet vielleicht auch noch einen Schatz, so wie drei Sporttaucher 1972 als sie im havarierten niederländischen Frachtschiff Akerendam 57.000 Münzen entdeckten. Rundes Namenszusatz „Schatzinsel“ ist also angemessen.

Vogelinsel Runde, Copyright: Kristin Støylen/Destinasjon Ålesund & Sunnmøre

Vogelinsel Runde, Copyright: Kristin Støylen/Destinasjon Ålesund & Sunnmøre

Wendet man sich nach Südwesten liegen zwei Bilderbuchfjorde gleich vor der Tür. Zum Geirangerfjord braucht man wahrscheinlich nicht viel zu sagen, ist er doch weit über die Grenzen Norwegens bekannt. Hier reiht sich auf 15km atemberaubende Natur aneinander und an seinem Ende schmiegt sich die Gemeinde Geiranger an sein Ufer. Im Sommer tummeln sich hier die Kreuzfahrtschiffe, denn jeder will die bekannten Postkartenmotive in ein Realerlebnis verwandeln. Der Titel UNESCO-Weltnaturerbe ist mehr als berechtigt. Ich persönlich finde ja den Hjørundfjord bezaubernd, vor allem weil sich rund um ihn die Sunnmørsalpen gruppiert haben und das Wandererherz mit einigen großartigen Gipfeltouren verwöhnen. Allerdings sind die meisten Touren nichts für den Flachlandtiroler. Auch wenn Norwegens Gipfel sich nur in gemäßigte Höhen aufschwingen, ist der Weg dorthin zuweilen mehr als anspruchsvoll. Der Preis für den atemberaubenden Blick auf den Fjord.

Gipfeltour zum Slogen, © Sverre Hjørnevik / www.fjordnorway.com

Gipfeltour zum Slogen, © Sverre Hjørnevik / http://www.fjordnorway.com

Für den Ungeübten wie mich hält die Region aber auch einige Talwanderungen bereit. Anyway: Sunnmøre erfreut das Norwegen-Herz mit Kultur und Natur, die  abwechslungsreicher nicht sein könnte. Also jetzt entdecken! 🙂