Oslo
Unterwegs im Rathaus von Oslo
Wir haben uns mal im Rathaus umgesehen, festgestellt, dass man entgegen Alex´ Meinung NICHT auf den Turm kann, haben aber trotzdem viel Spaß gehabt. Enjoy! Am 10. Dezember wird hier der Friedensnobelpreis verliehen und unser Team ist dabei. 🙂
Folkelig oder königlich? Gleichheit über alles oder bin ich hier im falschen Toleranzfilm?
Als Deutsche in Norwegen ist man ja von Haus aus den Umgang mit königs erst mal nicht gewohnt und ich glaube nicht nur ich erinnere mich an die zauberhaften Nettigkeiten der europäischen Boulevard-Presse als 1999 Kronprinz Haakon bekannt gab eine Bürgerliche mit delikater Vorgeschichte zu daten und dann auch noch wenig später Heiratsabsichten bekundete. Und doch steht das Ganze bespielhaft für die gnadenlose Toleranz der Norweger, fast Allem und Jedem gegenüber. Was der Deutsche zuweilen in Perfektion beherrscht, nämlich darüber zu urteilen, aus welchem Stall man kommt, und sein Mißfallen darüber auch permanent gerne in der Öffentlichkeit kund tut, lässt den Norweger völlig kalt. Es würde auch nicht dem Prinzip der Norweger entsprechen, dass alle gleich sind.
Da denke ich doch: nach dem Prinzip der Gleichheit konsequent, dass der Adel in Norwegen gänzlich abgeschafft wurde. Aber Moment, Halt, Stopp. Habe ich da was übersehen? Oder fällt das Königshaus nicht unter adelig? Witzigerweise ist Norwegen das einzige Land, das den Adel abgeschafft hat, aber dennoch einen König hat. Aber auch wenn die Königsfamilie nach wie vor adelig ist, setzt sie das Toleranz- und Gleichheitsprinzp sehr konsequent um. Mal abgesehen davon, dass aus Mangel an abgeschafften Prinzen, Grafen und Baronen potentielle Heiratskandidaten im eigenen Land Mangelware sind, hat das norwegische Königshaus das Heiraten von Bürgerlichen sehr schnell hoffähig gemacht. Folglich haben auch nur zwei königliche Generationen die Suche nach adeligen Heiratskandidaten im Ausland durchgehalten. Und während sich die deutsche Boulevardpresse 1999 das Maul über Mette-Marits unehelichen Sohn zerriss, nahm der Norweger an sich davon kaum Notiz, weil in Norwegen sowieso mehr als die Hälfte aller Kinder unehelich geboren wird. Was im übrigen Europa zum Skandal reicht, ringt dem Norweger kaum ein müdes Lächeln ab. Und sogar Öl- und Energieministerinnen dürfen während ihrer Amtszeit unehelich gebären, sich über den Vater ausschweigen und zudem während der Amtszeit noch ein halbes Jahr in Mutterschutz gehen. Ich stelle mir ein derartiges Szenario in Deutschland vor, zumal das Amt des Öl- und Energieministers in Norwegen nicht gerade zu den unwichtigsten zählt. Ich bin mir sicher, dass die Toleranz des Deutschen sicher keine Grenzen kennen würde.
Und nach dem Prinzip der Volksnähe ist Norwegens Königsfamilie auch so ziemlich die Einzige, die man sonntags beim segeln antrifft oder der man durchaus beim Shoppen in die Einkaufstüten schauen kann. Staatsbesuche im Winter verstehen sich von selbst im derben Anorak, der zwanglose Umgang der Königin mit ihrem unehelichen Stiefenkel ebenfalls. Für den Norweger kein Zeichen von Herabsetzen der Königswürde, sondern nur der Beweis, dass man auch bei königs nichts besonderes ist.
So sehr der Norweger das „folkelig“ sein der Königsfamilie liebt, so unerbittlich ist er dann doch, wenn sich nur der Hauch eines Anscheins von Geldverschwendung breit macht. So geschehen bei der Renovierung der königlichen Wohnung im Jahr 2006, bei der ein neuer zu luxuriöser Aufzug zum Stein des öffentlichen Anstoßes geriet, ebenso wie die unwesentliche Überschreitung des königlichen Budgets für die Schlossrenovierung um das Fünffache. Aber was macht ein norwegischer König in diesem Fall? Er öffnet einfach mal für die Öffentlichkeit die Palasttüren, lässt den Norweger, und nicht nur den, an der neu renovierten Pracht teilhaben und macht den königlichen Palast so kurzerhand zum – wenn auch eingeschränkt – nutzbaren Gemeinschaftseigentum. Bis heute. Und da sind wir dann doch wieder bei der Gleichheit, oder beim „Janteloven“ wie man in Norwegen und übrigem Skandinavien sagt. Obwohl die Landbevölkerung gerne davon spricht, dass die Hauptstädter schon gar nicht mehr wissen, was „Janteloven“ überhaupt bedeutet.
Doch das ist eine andere Geschichte. Und soll ein andermal erzählt werden.
Royal Palace at Night
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Tjuvholmen
Oslo Opera House at Night
Von zurückhaltendem Luxus und Reichtum
Norwegen, das Land der Natur, der Fjorde, der vollkommenen Ursprünglichkeit, stopp! Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint kennt Norwegen doch seine Statussymbole, die der Norweger an sich ganz still und heimlich für sich beansprucht, ohne Protz, ohne Neid auf andere, weil in Norwegen sowieso jeder quasi dasselbe hat. Es wird gut verdient, also leistet man sich etwas. Dass es quasi nach neun Monaten zwangsgeräumt wird scheint sich jedes norwegische Baby ziemlich zu Herzen zu nehmen, denn erstes Streben ist der Besitz nach einem Eigenheim. Entsprechend rangiert die Eigenheimquote Norwegens zusammen mit Spanien auf Platz eins in Europa. Und auch der Staat legt sich in dieser Hinsicht mächtig ins Zeug und beschert bereits Studenten durch staatlich geförderte Kredite und Supergünstigzinsen den Bau des ersten heimischen Nestes.
Ja und dann ist da noch die Sache mit der Hütte. Auch wenn der Norweger sich dem Luxus durchaus nicht verschließt, so bewahrt er sich ein Stück Bodenständigkeit mit einem am Strand oder auf dem Berg gelegenen Holzkleinod. Und hier genießt er einfach. Die Natur seines Heimatlandes, Angeln, Segeln, Ski fahren oder einfach nur die Seele baumeln zu lassen. Und genau hier ist dann auch der Luxus unerheblich. Während dem Mitteleuropäer im Allgemeinen eher unbehaglich ist auf den Komfort des städtischen Lebensstandards zu verzichten, sind viele Norweger genau wild darauf. Kein fließendes Wasser, kein Strom, keine Toilette (die befindet sich draußen als Holz-Einmannzelle) lässt Norwegers Augen leuchten. Wobei das nicht heißt, dass es nicht auch ausgesprochene Luxushütten mit allem schnick und schnack gibt.
Ja und das Auto. Sein Auto hat auch der Norweger in sein Herz geschlossen. Nur die Luxussteuer bereitet ihm zuweilen Schnappatmung, denn je größer der Hubraum, umso mehr bewegt sich diese reizende einmalige Abgabe in Richtung Originalneupreis des Gefährts. Nichtsdestotrotz: der Norweger liebt deutsche Autos, auch wenn sie nicht gerade zu den preiswertesten gehören.
Ein gutes Durchschnittseinkommen (es liegt zur Zeit bei ca. 5.000 Euro) und verhältnismäßig wenig Steuerabgaben (in der Regel 38% inkl. aller Sozialabgaben) bescheren Norwegen einen abgeschlagenen 17. Platz in der europäischen Rangliste der Lohnabgaben, in der Deutschland nach wie vor die Bronzemedaille hält. Das Paradies könnte man meinen aber wieder: stopp! Dafür hält der norwegische Staat einen bunten Reigen von Gebühren bereit, die für alles und jedes erhoben werden, allein die Mehrwertsteuer kann man mit 25% als saftig bezeichnen.
Und wer in Oslo in die Straßenbahn steigt, könnte gemeinhin denken, dass der ein oder andere Lackpinsel selbigen hier und da auftragen könnte, damit der Rost nicht allzu sehr sichtbar ist. Aber Norwegen gewichtet die Verwendung seiner Einnahmen aus der Ölförderung anders. Diese werden im Pensionsfond gebündelt und vermehrt, das Wort „Staatsschulden“ ist ein Fremdwort und kommende Generationen werden in punkto Wohlstandssicherung vom Staat gehegt. Eher WIE das Geld vermehrt wird, bereitet Norwegen Sorgen, denn der Ethikrat wacht aufmerksam über das „wie“.
Kurz und gut: wer in punkto Einkommen, Bildungsstandard und Lebenserwartung auf den vordersten Plätzen der Welt rangiert, dem sei es verziehen in punkto Infrastruktur und Gesundheitswesen leicht daneben zu greifen. Letzteres ist ja wieder mit Geld kompensierbar!








