Hatte ich schon einmal gesagt, dass ich Museumsbesuchen bislang nicht wirklich etwas abgewinnen konnte? Oslo scheint dem hartnäckig entgegen zu steuern……..mit Erfolg. Und wenn sich in der norwegischen Hauptstadt schon das größte Museum des Landes befindet, sollte man dort vorbei schauen, wenigstens um mitreden zu können. Das Norsk Folkemuseum verspricht Geschichte zum anfassen durch sieben Jahrhunderte und bereits wenn man mit dem Bus Nr. 50 das Terrain der Museumsinsel Bygdøy erobert, kann man erahnen, dass das Gelände des Museums riesig ist. Ich bin sehr gespannt. Wir befinden uns immer noch im Winter, folglich ist die Kombination mit Freilichtmuseum etwas gewagt, aber ich will es jetzt sehen.
Ich löse also mein Ticket für 90,- kr und mache mich auf zu den Wikingern, denn so beginnt der Rundgang. Die Norweger haben keine Kosten und Mühen gescheut mal eben ein ganzes Wikingerdorf aus Originalfundstücken auf das Gelände zu stellen. Es hat ein bißchen was davon als ginge man durch die Asterix-Comicwelt im realen Leben. Ich finde alles zauberhaft arrangiert, in die meisten Häuser darf man auch hineingehen und stellt fest, dass die Wikinger nicht nur deutlich kleiner waren, sondern der Komfort nach heutigen Maßstäben auch sehr überschaubar war.
Weiter geht es auf eine Lichtung, auf der die Stabkirche von Gol steht, mehr als siebenhundert Jahre alt, top-erhalten und wirklich ein optischer Leckerbissen, zumal die Sonne so freundlich ist und hinter den spärlich beblätterten Bäumen erstrahlt. Ja DAS sind die Momente, wo ich stundenlang einfach nur entzückt innehalten möchte ob des großartigen Anblicks. Reingehen kann man selbstverständlich auch und wenn man das tut riecht es wunderbar nach Holz und Natur.
Jetzt im Winter wirkt das Gelände fast etwas verlassen, was das Besuchserlebnis allerdings nicht schmälert. Im Sommer wird das Norwegen-Feeling dann aber vollkommen durch ein umfangreiches Rahmenprogramm, traditionelle Trachten, Gesänge und vieles mehr. Ich werde das in den Sommermonaten definitiv testen. 🙂
Weiter geht es ins Mittelalter und die frühe Neuzeit. Ich stelle fest, dass auch hier der Komfort sagen wir, überschaubar, war. Schaut man die Häuser von innen an stellt man fest mit wieviel Liebe zum Detail die Norweger dieses Museum aus dem Boden gestampft haben. Das ist wirklich Geschichte zum anfassen und auch für Geschichtsmuffel unterhaltsam. Und immer wieder schmunzel ich über die winzigen Betten, die höchstens eine Körpergröße von 1,50m zulassen. Geschirr, Kleidung und andere Einrichtungsgegenstände wurden liebevoll zusammengetragen und arrangiert.
Auf dem sich anschließenden Gelände der Neuzeit sind die typisch skandinavischen Holzhäuser so zauberhaft nachgebaut, dass man sich gar nicht satt sehen kann. Auch wenn hier die Innenräume deutlich luxuriöser werden als noch ein paar Jahrhunderte zuvor, denkt man mitunter man befindet sich in Puppenhäusern. Alles ist klein und eng und ich wundere mich wie man soviel Einrichtung in so wenig qm packen kann. Das Bettengrößenproblem bleibt. 😀
Innen wird es allerdings auch deutlich bunter, Möbel, Wände, Tischdecken, alles norwegisch bunt. Den Straßenzug schmückt außerdem ein entzückender Krämerladen, eine Apotheke und eine Bank, alles originalgetreu. Da leuchten selbst bei mir die Augen wie bei einem Kind. Museen mit eingebautem Zeitreisetool findet selbst ein Museums-Muffel wie ich großartig.
Bleibt die Moderne. Und was macht der norwegische Staat? Er stellt einfach mal ein ausgewähltes Gebäude aus Oslo nochmal aufs Museumsgelände um daran das norwegische Leben im 20. Jahrhundert zu zeigen. Drei Stockwerke kann man besichtigen, im Erdgeschoss geht es los mit den 1910er Jahren, weiter im ersten Stock mit den 1950er Jahren und es endet mit den 1980er Jahren im zweiten Stock. Und man stellt fest, dass sich das Leben in Norwegen in diesem Jahrhundert nicht wirklich vom übrigen Europa unterschied, das Bettengrößenproblem ist nicht mehr existent und das Arrangement mit viel Liebe zum Detail ist auch hier fortgeführt.
Nach dem Rundgang auf dem Freilichtgelände kann wer will noch die Ausstellungen besuchen, die sich in den Gebäuden rund um den Eingangshof befinden. Auch hier gibt es noch allerhand zu sehen, Kleidung und Einrichtungsgegenstände der Wohlhabenden, Holzschnitzereien und andere Handwerkskunst.
Fazit: bei einer Oslo-Reise sollte ein Besuch in diesem Museum auf keinen Fall fehlen. Norwegische Museen haben ja in der Regel die angenehme Seite, dass die Ausstellungen eine Größenordnung haben, die es erlaubt die Ausstellung in ein bis zwei Stunden zu bewältigen. Im Norsk Folkemuseum ist das anders. Wer alles besichtigen will sollte einen halben Tag einplanen. Weil das Gelände so abwechslungsreich gestaltet ist vergeht die Zeit wie im Flug. Also Daumen hoch für eins der besten Museen, die ich bislang besucht habe! 🙂
Dein Artikel ist wieder sehr anschaulich geschrieben. Macht immer mehr Lust
auf Oslo und Norwegen. Ich glaube im Sommer steht ein Oslotrip an.
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