Wenn der Winter Møre og Romsdal überfällt oder wie man auch eine Zwangspause genießt

Ja, es ist doch immer wieder schön wenn man bei der Tourenplanung das Wetter unter den Tisch fallen lässt. Da verschafft einem Norwegen zuweilen einfach mal eine Zwangspause und schneit einen gnadenlos ein. Und das im November! Wo Møre og Romsdal doch sonst erst später mit so reichlich weißer Pracht beglückt wird. Nun ja, am Abend reden wir uns das Ganze noch schön damit, dass es ja wohl nicht die ganze Nacht schneien wird. Nein der Wettergott hat in Norwegen anders geplant. Und über Nacht verwandelt sich die ganze Welt. Die Bäume tragen ein so schweres Schneekleid, dass sie sich auf die Stromleitungen stützen müssen. Kopfkino, wenn eine reißt. Nun ja, sollen wir starten zur nächsten Tour? Wir entscheiden uns einen Tag zu pausieren, morgen ist bestimmt alles weggetaut. Schließlich sagt selbiges auch der Wetterbericht. Blöd nur wenn Wetterbericht und Wettergott sich nicht abgesprochen haben.

Farstad, Copyright: insidenorway

Farstad, Copyright: insidenorway

Immerhin nach Elnesvågen brechen wir auf, denn man kann ja nicht vor dem gähnend leeren Kuhlschrank verharren. Wie schön, dass das temporäre Quartier auf einem Hügel liegt. Wieder mit dem Auto bis zur Haustür kommen und so. Nun ja, es hilft nix. Wir wagen uns also auf die Straßen, obwohl es mehr rutschen als fahren ist. Geräumt? Wozu! Und es schneit weiter. Unaufhörlich! Wie war das noch mit dem Wetterbericht?

Der Weg an sich ist aber zumindest naturmäßig ein Fest. Weihnachtsstimmung kommt auf. Alles still, alles verschneit. Nur ab und zu schleicht sich uns ein Auto auf der Gegenfahrbahn entgegen. Die Seen tragen eine Eisschicht und die Berge haben ihre Gipfel wie in eine dicke Schicht Puderzucker gehüllt. Die Bäume sind kaum zu sehen vor weißer Winterpracht. Und auf halber Strecke ist sogar die Sonne gnädig mit uns und zeigt uns das wahre Winterwonderland.

Elnesvågen, Copyright: insidenorway

Elnesvågen, Copyright: insidenorway

In Elnesvågen müssen wir auch gleich erst einmal eine Fotopause einlegen. Einkäufe? Was war das nochmal? 😉 Die Natur will genossen werden. Wir schlittern also über die eisglatten Straßen und stapfen durch kniehohen Schnee für die besten Fotomomente. Herrlich. Nun ja, die Einkäufe haben wir natürlich noch gemacht und auf dem Rückweg drängt sich die Frage auf, ob wir den Hügel zum Haus mit dem Auto wieder hoch kommen.

Auch beim dritten Anlauf wollen die Reifen einfach nicht greifen. Alles zum Haus hoch schleppen heißt also die Devise. Das Auto bleibt am Fuße des Hügels stehen. Morgen ist ja alles weggetaut. Denken wir noch!

Am nächsten Morgen stellen wir fest, dass wir das mit dem Wegtauen wohl vergessen können. Wo ist das Auto….! Kurzzeitig überlegen wir, ob wir es als vermisst melden sollen, aber irgendwo unter dem Schnee wird es wohl sein. Also antreten zum Ausgraben.

Copyright: insidenorway

Copyright: insidenorway

Demnach gibt es heute ne richtige Zwangspause. Bis auf einen Winterspaziergang brennt der Kamin im Dauerbetrieb. Selbst der Kater von meiner Freundin Sabine verzichtet aufs Mäuse jagen draußen und schmust lieber vor der Wärmepumpe. Ist ja auch viel gemütlicher dort. Wir hoffen indeß weiter auf Tauwetter. Morgen. Hoffentlich! Um zur nächsten Tour aufzubrechen! To be continued…… 🙂

Møre og Romsdal oder ein Reigen von Rundfahrten – Teil 1

Ja, immer wieder zeigt sich, dass man eine Provinz mal genauer unter die Lupe nehmen muss. Wobei man in Møre og Romsdal gar nicht weiß, wo man zuerst anfangen soll. Da nimmt man doch am besten als erstes das, was gleich vor der Tür liegt. Zumindest vor der Tür des temporären Quartiers.

Und so starten wir bei schönstem Wetter von Farstad zu einer Rundfahrt über die Insel Averøya. Jeder, der schon einmal durch die Fjordlandschaft gefahren ist, weiß, dass man in Norwegen ruckizucki Fährenkönig wird, weil man zum anderen Ufer übersetzen muss. Wie nett, dass auf dem Weg von Farstad nach Averøya die Atlantikstraße winkt. Nicht nur, dass man gemütlich von Insel zu Insel fahren kann, nein die Natur lädt einen auch noch ein so ziemlich an jedem Aussichtspunkt anzuhalten und zu genießen. Die Brücken, den Atlantik, die felsige Küstenlandschaft. Die Sonne meint es auf unserer Tour besonders gut, weil sie das Ganze in goldenes vorwinterliches Licht taucht. Zum Schwärmen!

Copyright: insidenorway

Copyright: insidenorway

Ja, da möchte man gleich den Picknickkorb auspacken, was im Sommer definitiv eine Option ist, zumal an der größten der Brücken, der Storseisund-Brücke, ein zauberhafter Rundgang errichtet wurde, von dem man den ultimativen 360° Blick genießen kann. Bänke inklusive. Eigentlich könnte man hier stundenlang sitzen und wechselnd auf die Atlantikstraße und den offenen Atlantik schauen, aber da die Tage in dieser Jahreszeit  bekanntlich kurz sind, fahren wir nach kurzem Aufenthalt weiter. Und die Highlights sind auch noch lange nicht zu Ende.

Kaum auf Averøya angekommen muss ich so ziemlich an jedem Grashalm aussteigen, zum Leidwesen meiner lieben Freundin Sabine, die mich den ganzen Weg kutschiert. Aber an jeder Ecke lockt einfach ein zu verführerischer Blick in die Natur. Vor allem wenn das Wasser winterlich-eisigen Schimmer hat und der morgenliche Reif auf den Wiesen schlummert. Ein Traum! Wie die Kinder freuen wir uns über den atemberaubenden Blick und hüpfen von Fotomotiv zu Fotomotiv.

Averøya, Copyright: insidenorway

Averøya, Copyright: insidenorway

Zwischendurch werfen wir den Blick auf die riesigen Gehege der Lachszüchter. Hier draußen ist die Fischzucht wohl die häufigste Einnahmequelle, denn die runden Netze liegen zahlreich im Wasser und glänzen in der Sonne. Den Lachsen gefällt es wohl weniger irgendwann auf dem Teller zu landen.

Und weiter geht es. Nach Kvernes. Hier liegt eine der Stabkirchen der Provinz. Malerisch, auf dem Hügel mit Blick auf den Fjord und ordentlich gestützt von einer Vielzahl von Balken. Ja, Møre og Romsdal glänzt eben zeitweilig mit Wind vom Feinsten. Und damit das Kirchlein nicht einfach umgeblasen wird, stemmen sich die Balken gegen die Außenwände. Selbsterhaltungstrieb. Wir steigen wieder mal aus, weil auch der Blick auf den Fjord überwältigend ist. Das Paradies könnte nicht schöner sein. Und: Stille. Von Oslo bin ich ja eher Trubel gewöhnt, aber hier kann man die Seele mal so richtig baumeln lassen. Der Blick ins Innere bleibt uns leider verwehrt. Nun ja, man kann nicht alles haben. Dafür genießen wir Wikinger-Feeling im Steinkreis unterhalb der Kirche und stellen uns Gerichtsverhandlungen vor mehr als tausend Jahren vor. Die Steine liegen da wie stumme Zeugen aus vergangener Zeit, aber ihre Ausstrahlung haben sie nicht verloren.

Kvernes Stavkirke, Copyright: insidenorway

Kvernes Stavkirke, Copyright: insidenorway

Auf dem Rückweg nach Farstad nehmen wir noch die letzten Sonnenstrahlen mit. Kleine schmusige Fischerdörfchen sind am schönsten im Abendglanz. Wie zum Beispiel Harøysund. Und da lässt es sich auf vereisten Holzplanken auch am besten rutschen. Bloß nicht in den Fjord fallen. Die Wassertemperatur lädt in dieser Jahreszeit wahrhaft nicht zum winterlichen Bad ein. Auch die Boote scheinen in den Winterschlaf gefallen. Alles ruhig, alles still. Ohne Hektik. Mehr Genuß geht nicht.

Copyright: insidenorway

Harøysund, Copyright: insidenorway

Allerdings freuen wir uns nach fünf Stunden in der winterlichen Natur jetzt doch auf das warme Haus, den Kamin und Relaxing. Bis zur nächsten Tour durch die Provinz Møre og Romsdal. To be continued….. 🙂 ❤

71° Nord oder wo Europa zu Ende ist – das Nordkapp

Eigentlich ist es ja nur ein Schieferplateau, das 300m aus dem Meer herausragt. Und der nördlichste Punkt Europas ist es auch nicht. Aber: wer jemals an diesem Punkt Europas gestanden hat hält andächtig inne, blickt auf den schier unendlichen Horizont und fühlt sich eins mit der Natur. Mal erstrahlt es in der Mitternachtssonne, mal liegt es von Nebel umhüllt, mal in völliger Dunkelheit der Polarnacht. Aber IMMER steckt es einen an mit einer ganz besonderen Mystik. Das Nordkapp.

Ja es ranken sich eine ganze Menge „Fakten“ um diesen nördlichen Punkt in Europa. Nördlichster Punkt des Festlands? Nein! Genauer gesagt liegt das Nordkapp nicht auf dem Festland, sondern auf der Insel Magerøya, aber wir wollen mal nicht so sein. Magerøya bedeutet übersetzt „karges Land“ und das ist auch Programm. Allerdings tut das dem Zauber der Insel keinen Abbruch. Wir sind eben sehr weit im Norden, aber bis zum Nordpol sind es trotzdem immer noch 2.000km! Und wenn man an der gußeisernen Weltkugel steht blickt man nach links und schaut auf die Landzunge Knivskjellodden, die einen Kilometer weiter nördlich ins Meer ragt. Die Ich-bin-der-nördlichste-Punkt-Europas-Konkurrenz schläft eben nicht. Silbermedaille für das Nordkapp.

Nordkapp Lars Helge Jensen

Copyright: Bjarne Riesto / riesto.no / http://www.nordnorge.com / Nordkapp

Die meisten nehmen sich ja überhaupt viel zu wenig Zeit für das kleine Eiland. Wenn man schon mal da ist sollte man auch den Rest von Magerøya erkunden. Außerdem kann man so eventuelle Schlechtwetterlagen freundlich bitten doch in den nächsten 48 Stunden abzuziehen, so dass man ausblicksmäßig am Nordkapp auch auf seine Kosten kommt. Blicken wir also auf Honningsvåg. Schmusiges Fischerdörfchen und Anlaufstätte zahlreicher Kreuzfahrtschiffe und natürlich auch der Hurtigruten, deren Schiffe hier täglich anlegen um die Post vorbei zu bringen und um zahlreichen Passagieren Nordkapp-Feeling zu bescheren.

Genau wie das Nordkapp erfreut sich auch auf Magerøya Honningsvåg eines Titels, der geografisch nicht den Tatsachen entspricht. Seit den 1990er Jahren gilt das Dörfchen als nördlichste Stadt der Welt, obwohl es einige Städte gibt, die noch weiter nördlich liegen. Hier reicht es noch nicht mal zur Silbermedaille. Aber das macht nichts. Honningsvåg ist trotzdem zauberhaft!

Honningsvåg, Copyright: Trym Ivar Bergsmo / www.nordnorge.com / Nordkapp

Honningsvåg, Copyright: Trym Ivar Bergsmo / http://www.nordnorge.com / Nordkapp

Fischerdörfer gibt es in Norwegen ja bekanntlich reichlich. So auch auf Magerøya. Eines davon ist Gjesvær. Heute ungefähr 130 Einwohner zählend ist das Städtchen seit den 1970er Jahren etwa auf ein Drittel seiner Bewohner geschrumpft. Aber: es ist die einzige Siedlung, die sich in der Provinz Finnmark bis in die Wikingerzeit zurückverfolgen lässt. Schon im Jahr 1230 wird sie erwähnt. Dass von den deutschen Besatzungstruppen 1944 alles niedergebrannt wurde wollen wir unter den Tisch fallen lassen.

Fishing village close to North Cape

Gjesvær, Copyright: Bjarne Riesto / riesto.no / http://www.nordnorge.com / Nordkapp

Hat man die Insel Magerøya umrundet, kehrt man zurück zum Nordkapp, entweder weil man hofft, dass das Wetter nun besser ist, oder weil man sich vom Anblick der Ozeanweite nicht lösen kann, oder beides. Auf jeden Fall aber beschließt man, dass es nicht das letzte Mal war, dass man hier gestanden hat, am Nordkapp, am Tor zum Nordpol, am Tor zum Ende der Welt! 🙂 ❤

Wo der Teufel beißt und man als Fischer anheuert – unterwegs auf der Insel Senja

Auch wenn man schon oft in Norwegen unterwegs war entdeckt man immer noch kleine Perlen, die sich als etwas ganz Großes erweisen. Wie die Insel Senja. Obwohl: von „kleiner“ Perle kann man nicht wirklich sprechen, denn immerhin ist die Insel die zweitgrößte des Landes. Wie bei Inseln so üblich liegt sie vor der Küste, und zwar 350km nördlich des Polarkreises. Demnach taucht dieses Fleckchen zwar bald in die Polarnacht ein, aber die Sonne kommt ja wieder. Und dann sollte man sich unbedingt Zeit nehmen Senja zu erkunden.

Und wer das tut wird ganz schnell feststellen, das Senja sozusagen ein kleines Norwegen in Norwegen ist. Man bekommt nämlich gleich einen Querschnitt durch alles, was norwegische Natur zu bieten hat. Zum Land hin kommt Senja ganz sanft daher. Moose, Kiefernwälder, idyllische Hügel. Zum offenen Meer hin geht es schroff zu. Die Felsen haben sich bei ihrer Entstehung überlegt, dass sie der zuweilen tobenden See unbedingt standhalten wollen. Passend, dass sie den Namen „Gebiss des Teufels“ tragen.

Das Gebiss des Teufels, Copyright: Frank Andreassen / www.nordnorge.com / Berg

Das Gebiss des Teufels, Copyright: Frank Andreassen / http://www.nordnorge.com / Berg

Ja, ich stelle immer wieder fest, dass die Norweger ein besonderes Händchen dafür haben ihre Natur mit adäquaten Titeln auszustatten. Aber sie treffen immer den Nagel auf den Kopf. Das Okshornan, wie die Bergkette eigentlich heißt, hat tatsächlich etwas von gleich zubeißendem Unterkiefer und erhebt sich 700m aus dem Meer.

Berge hat die Insel denn auch reichlich und viele davon kann man leicht erwandern, also auch was für mich. Die atemberaubende Aussicht ist im Lieferumfang der Natur enthalten. Norwegen eben! Ich persönlich finde ja die kurzen und mittleren Touren schon deshalb zauberhaft, weil man am Ziel einfach richtig Zeit hat das Panorama in sich aufzusaugen. Der Tourcrack kann sich am Ziel per SMS auf seiner persönlichen Tourenkarte registrieren und bekommt am Schluss eine Übersicht über alle erkletterten Tourenziele. Für den Erinnerungsaltar zuhause. 😉

Copyright: Gunder Gabrielsen / www.nordnorge.com / Lenvik

Copyright: Gunder Gabrielsen / http://www.nordnorge.com / Lenvik

Derjenige, der Berge lieber von unten anschaut, genießt die spektakuläre Natur im alten Fischerdorf Hamn.  Industrie und Handel haben sich zurückgezogen und Platz gemacht für alle, die die traumhafte Lage zwischen Fjord und Fjell voll für sich auskosten möchten. Also rauf auf den Leuchtturm mit 360Grad-Panoramablick!

Weiter geht es nach Mefjordvær, ebenfalls historisches Fischerdorf. Was auch sonst. Schließlich befinden wir uns auf Senja in einer Anglerhochburg. Für Aktivitätsverweigerer ist das Dörfchen überhaupt nichts, für den Aktivitätswütigen schlichtweg das Paradies. Der bleibt dann am besten auch ein wenig länger, damit man Seeadler- und Fjordsafaris, Wandertouren und Meeresangeln auch in voller Gänze mitnehmen kann. Logisch, dass auch hier der Leuchtturm das Fotomotiv schlechthin ist.

Mefjordvær, Copyright: Reiner Schaufler / www.nordnorge.com / Berg

Mefjordvær, Copyright: Reiner Schaufler / http://www.nordnorge.com / Berg

Mein Top-Favorit auf Senja ist ja die Aktion: Fischer für einen Tag. Das macht man in Gryllefjord. Das Dörfchen lebt von der Fischindustrie, wie sollte es auch anders sein. Wer denkt, dass man mal gemütlich mit dem Fischkutter raustuckert und den Fischern bei der Arbeit zuschaut: nix da, hier wird gearbeitet! Vom ersten Moment an ist man Teil der Mannschaft, mit vollem Einsatz und der Tag dauert so lange bis sich genug Fischlein ins Netz verirrt haben. Wer vorher an Land möchte, muss sich dem Fischeralltag beugen und die Zähne zusammenbeißen. Ja, da merkt man gleich die Abhängigkeit von Wind und Wetter, wenn man bei zeitweilig rauher See auf die Erfüllung der Fangquote wartet. Gleichzeitig bekommt man eine Lehrstunde in Fischen mit unterschiedlichen Geräten und wenn die Fischlein an Bord sind, geht die Arbeit erst richtig los. Fische ausnehmen heißt die Paradedisziplin, die jeder „Gastfischer“ gleich an Bord vorführen darf. Dafür darf man am Schluss auch eine gehörige Portion Fischfilets mitnehmen und sie zum Abendessen genießen wie sie frischer nicht sein könnten.

Mitternachtssonne über Gryllefjord, Copyright: Reiner Schaufler / www.nordnorge.com / Torsken

Mitternachtssonne über Gryllefjord, Copyright: Reiner Schaufler / http://www.nordnorge.com / Torsken

Ja und man darf nicht vergessen, dass zu der ganzen Naturfülle, die Senja sowieso schon bietet, auch noch Mitternachtssonne und Nordlichter kommen.

Fazit: Wer nach Nordnorwegen reist, sollte unbedingt auf diesem Inselkleinod Station machen. Am besten gleich mit reichlich Zeit, denn hinter jedem Berg tut sich eine neue zauberhafte Bergkette auf oder ein kleines Fischerdorf, dass nur darauf wartet ein neues Norwegenherz für sich zu gewinnen. Ausprobieren!

Wo der Polarkreis wohnt und die Berge Löcher haben – Helgeland

Mo i Rana, hier kann man den Polarkreis riechen. Die größte Stadt der Region Helgeland liegt gerade einmal achtzig Kilometer von ihm entfernt. Nun ja ein Kleinod ist die Stadt vielleicht nicht, viel Schwerindustrie eben. Aber der Polarkreis. Irgendwie übt er eine besondere Faszination auf mich aus. Ich finde, dass immer, wenn man ihn nach Norden überschreitet, die Natur leise sagen will: ab hier ist es anders. Man bewegt sich ja auch sozusagen aus der gemäßigten Zone ins Polargebiet. Ab hier gibt es Mitternachtssonne und Polarnacht und natürlich die Nordlichter. Sie sind ja nicht IMMER so gnädig, dass sie sich selbst bis zu uns nach Oslo hinunter bemühen. Ok, unmittelbar am Polarkeis sind auch Dauerhelligkeit und Dauerdunkel ein eher kurzes Vergnügen, aber hier beginnt die magische Zone. Natürlich ist der Polarkreis überall markiert, so dass man ihn, egal ob man ihn zu Land oder zu Wasser überschreitet, nicht verpassen kann.

Polarkreisgrenze, Copyright: Rune Fossum / www.nordnorge.com / Rødøy

Polarkreisgrenze, Copyright: Rune Fossum / http://www.nordnorge.com / Rødøy

Aber Polarkreis hin oder her: er markiert das Ende der Region, wir starten also südlich. Schließlich gibt es im Gebiet Helgeland ja noch viel mehr zu sehen. Also ein paar Tage zurückspulen. Start Oslo. Ok, es sind dann doch ein paar Kilometer bis man die Grenze zur Provinz Nordland passiert, aber die E6 zieht sich netterweise durch ganz Norwegen, kein Verfahren, man folgt einfach der Straße und Natur hat man auch noch drumherum. Nun ja, je nachdem, wo man hin will, muss man sich dann doch ein wenig durch den Küstenstraßendschungel kämpfen und von der E6 abweichen. Zum Beispiel, wenn man den Torghatten sehen will. Aber man muss ihn einfach besuchen. Er liegt in unmittelbarer Küstennähe auf der Insel Torget. Unverwechselbares Kennzeichen: ein Loch im Bauch. Und hier muss man nicht einmal grübeln, wie es denn da rein gekommen ist, denn Norwegen liefert die Legende gleich dazu.

Copyright: Ronny Lien / www.visithelgeland.com / Brønnøy

Copyright: Ronny Lien / http://www.visithelgeland.com / Brønnøy

Sie rankt sich um Liebe, eine wilde Jagd und die aufgehende Sonne, die schließlich alles versteinerte. Man soll nach der Liebsten eben nicht mit Pfeilen werfen, so wie es der Königssohn Hestmannen tat. Der Pfeil konnte durch den Wurf eines Hutes aufgehalten werden. Das Loch, das selbiger im Hut hinterließ, ist eben heute noch im Felsen zu sehen. Die versteinerte Kopfbedeckung in Form des Torghatten ist jedoch nicht das einzige Überbleibsel dieser Legende. Weiter nördlich auf der Insel Alsten südlich von Sandnessjøen liegen die sieben Schwestern. Ursprünglich die nichtbeachteten Geschwister der hübschen Lekamøya. Ja, Hestmannen hatte eben nur Augen für seine Angebetete. Das Versteinerungsschicksal blieb allerdings auch den Schwestern nicht erspart. Bei Sonnenaufgang erstarrten auch sie zu Felsen. Heute liegen sie in Form von markanten Gipfeln aufgereiht und erfreuen den Besucher mit einem zauberhaften Blick von der Küstenstraße 17 aus oder wenn man mit den Hurtigruten vorbeischippert. Ja, das ist Norwegen-Romantik.

Sieben Schwestern, Copyright: Erlend Haarberg / www.visithelgeland.com / Herøy

Sieben Schwestern, Copyright: Erlend Haarberg / http://www.visithelgeland.com / Herøy

Und dann gibt es noch einen besonderen Naturleckerbissen. Bewegt man sich wieder ein Stück weiter nach Norden, gelangt man zum Vega-Archipel, der unmittelbar vor der Küste liegt. UNESCO-Welterbe wird man so schnell nicht, aber die 6.000 Inseln haben sich ihren Platz in der Liste erobert. Schließlich erfreute sich Tier und Mensch hier immer einer besonderen Symbiose. Wo der Mensch den Eiderenten einen behüteten Nistplatz gab, bedankten sich die Enten eben mit den zurückgelassenen Daunen, die der Mensch wiederum zu hochwertigen Daunendecken verarbeitete, die in die ganze Welt verkauft wurden. So geht Zusammenspiel zwischen Tier und Mensch und ein paar der Bruthäuschen sind immer noch in Betrieb. Logisch, dass der Vega-Archipel auch ein Paradies für Vogelbeobachtung ist.

Copyright: VegaVega, Hauptinsel des Vega-Archipels, Copyright: Opplevelsesferie / www.visithelgeland.com / Vega

Vega, Hauptinsel des Vega-Archipels, Copyright: Vega Opplevelsesferie / http://www.visithelgeland.com / Vega

Weiter geht es nach Norden. Zum Svartisen Nationalpark. Einer der schönsten in Norwegen, weil er so abwechslungsreich ist. Berge, Gletscher, Täler, durch die sich Flüsse schlängeln, Hochebenen. Für jede Kondition etwas. Und hier schließt sich der Kreis – der Polarkreis. Durch den Park verläuft er und das sieht man. Viele Pflanzenarten machen in ihrer Ausbreitung vor ihm stopp als wollten sie sagen: in der Polarregion ist es uns zu kalt. Umgekehrt weigert sich die Polarvegetation seine Grenze nach Süden zu überschreiten. Natur ist eben intelligent.

Für dieses mal ist tourenmäßig Schluß. Den Vorstoß noch weiter nach Norden heben wir uns für eins der nächsten Abenteuer auf. Schließlich muss man sich die Vorfreude bewahren. Im Norwegen-Herz! 🙂

Jugendstil und norwegische Alpenromantik der Extraklasse – Ålesund und Sunnmøre

Wenn man sich in Ålesund aufhält weiß man eigentlich gar nicht womit man zuerst beginnen soll. Stadt oder Natur. An diesem Fleckchen Norwegens hat sich nämlich so ziemlich alles zusammen getan, was man gemeinhin als Postkartenmotive bezeichnet. Und in Ålesund zeigt sich, dass Stadtbrände durchaus ihre Vorzüge haben können. 1904 musste die Stadt sich einem Großbrand beugen und verfügte innerhalb von sechzehn Stunden über 850 Gebäude weniger. Also wurden die Ärmel hochgekrempelt und  innerhalb von drei Jahren alles wieder aufgebaut. Die Jugendstilarchitektur freute es, denn sie konnte sich mal so richtig ausbreiten. Und genau das ist heute der Zauber von Ålesund. Türmchen, geschwungene Linien, ovale Elemente, alles hübsch aneinandergereiht am Wasser, verbunden mit der Bergkulisse, ja hier gerät man leicht in Verzückung.

Ålesund, © Sverre Hjørnevik / www.fjordnorway.com

Ålesund, © Sverre Hjørnevik / http://www.fjordnorway.com

Und wenn man die Stadt gleich im Ganzen sehen möchte, klettert man einfach auf ihren Hausberg, den Aksla und genießt nach 418 Stufen einen zauberhaften Blick, wenn man Glück hat inklusive der „Blauen Stunde“. Ja, dieses Naturschauspiel ist ein besonders faszinierendes. Regelmäßig „verirrt“ sich in der Dämmerung soviel kurzwelliges Licht an den Horizont, dass es alles in ein ganz besonderes Blau taucht. Und die Stadt schmust sich auf ihre Insel und ruht sanft im gedämmten Glanz.

Blaue Stunde in Ålesund

Blaue Stunde in Ålesund

Aber es gibt ja auch Natur rund um Ålesund. Gleich vor der Haustür, im Südwesten, liegt die Vogelinsel Runde. Wer Papageitaucher liebt, ist hier gleich von 100.000 brütenden Paaren umgeben, dazu gesellen sich Möwen, Basstölpel und noch so ziemlich alles, was sich Seevogel nennt. Immerhin leben auch rund hundert Einwohner auf der Insel und wer sich hier länger aufhalten möchte um die Vogelkolonien zu beobachten, mietet sich gleich ein Fremdenzimmer. Wer vor der Küste taucht, findet vielleicht auch noch einen Schatz, so wie drei Sporttaucher 1972 als sie im havarierten niederländischen Frachtschiff Akerendam 57.000 Münzen entdeckten. Rundes Namenszusatz „Schatzinsel“ ist also angemessen.

Vogelinsel Runde, Copyright: Kristin Støylen/Destinasjon Ålesund & Sunnmøre

Vogelinsel Runde, Copyright: Kristin Støylen/Destinasjon Ålesund & Sunnmøre

Wendet man sich nach Südwesten liegen zwei Bilderbuchfjorde gleich vor der Tür. Zum Geirangerfjord braucht man wahrscheinlich nicht viel zu sagen, ist er doch weit über die Grenzen Norwegens bekannt. Hier reiht sich auf 15km atemberaubende Natur aneinander und an seinem Ende schmiegt sich die Gemeinde Geiranger an sein Ufer. Im Sommer tummeln sich hier die Kreuzfahrtschiffe, denn jeder will die bekannten Postkartenmotive in ein Realerlebnis verwandeln. Der Titel UNESCO-Weltnaturerbe ist mehr als berechtigt. Ich persönlich finde ja den Hjørundfjord bezaubernd, vor allem weil sich rund um ihn die Sunnmørsalpen gruppiert haben und das Wandererherz mit einigen großartigen Gipfeltouren verwöhnen. Allerdings sind die meisten Touren nichts für den Flachlandtiroler. Auch wenn Norwegens Gipfel sich nur in gemäßigte Höhen aufschwingen, ist der Weg dorthin zuweilen mehr als anspruchsvoll. Der Preis für den atemberaubenden Blick auf den Fjord.

Gipfeltour zum Slogen, © Sverre Hjørnevik / www.fjordnorway.com

Gipfeltour zum Slogen, © Sverre Hjørnevik / http://www.fjordnorway.com

Für den Ungeübten wie mich hält die Region aber auch einige Talwanderungen bereit. Anyway: Sunnmøre erfreut das Norwegen-Herz mit Kultur und Natur, die  abwechslungsreicher nicht sein könnte. Also jetzt entdecken! 🙂

Öl? Ja auch! Und viel Natur! In der Region Stavanger!

Ja, Stavanger. Da denkt man eben gerne an Öl, mit dem Norwegen ja reich gesegnet ist. Aber: rund um Stavanger haben sich ein paar Naturschönheiten ihren Platz erkoren um Naturfreunde zu entzücken. Und Stavanger erweist sich hier als prima Ausgangspunkt. Vor der Haustür wohnt der Lysefjord. 40km Steilwände, die ziemlich blankgescheuert sind, haben ihm zu seinem Namen verholfen, eben „heller“ Fjord. Der Schwimmfreudige hat zuweilen 500m Wasser unter sich. Nein, das Boot ist mir lieber. Von Stavanger kann man denn auch gemütlich lostuckern, allerdings ist die Ferry-Fjordtour den Sommerreisenden vorbehalten. Aber das ist ja nicht der einzige Weg um an den Fjord zu kommen. Wer den Bus nimmt kann gleich an zwei bemerkenswerten Stationen halt machen. Traumhafter Fjordblick inklusive.

Erste Station Preikestolen. Ja, dieses Felsplateau gehört zweifelsohne zu den wundervollsten Felsformationen von ganz Norwegen. Schön, wenn die Natur die Aussichtsplattform am Fjord gleich mitliefert. So steht man denn in gut 600m Höhe auf 25x25m und genießt den Blick über den gesamten Lysefjord. Atemberaubend! Da vergisst man auch, dass man zuvor zwei Stunden gewandert ist, streckenweise keuchend in unwegsamem und steilem Gelände. Da der Preikestolen ungesichert ist, sollte wer zu flattrigen Knien neigt wie ich, einen Sicherheitsabstand zur Felskante halten. Der Aussicht tut das keinen Abbruch. Man könnte hier stundenlang sitzen, wenn man nicht wieder zwei Stunden zur Straße zurückwandern müsste. Die absoluten Cracks schlagen ihr Zelt auf und genießen die aufgehende Sonne über dem Fjord und die absolute Ruhe. Ja, das ist Norwegen-Erholung pur!

Preikestolen

Preikestolen

Wen das Wanderfieber einmal gepackt hat, hängt gleich die Tour zum Kjerag dran. Also nicht amselben Tag versteht sich, dass wäre dann doch eine konditionelle Herausforderung. Denn hier hat man 2,5 Stunden auf den Füßen vor sich, wenn man den einzigartigen Kjeragbolten sehen will, wahrscheinlich einer der meistfotografierten Felsen überhaupt. Er kommt aber auch imposant daher, wie er zwischen zwei Felswänden eingeklemmt ist und zwangsläufig arbeitet das Kopfkino wie er denn da hin gekommen ist. Viele Besucher machen das Erinnerungsfoto ja direkt auf dem Felsen stehend, manche nehmen gleich ihr Fahrrad mit drauf, ich kann bei sowas gar nicht hinsehen. Nein ich verzichte auf ein solches Erinnerungsfoto, denn was mache ich wenn das Steinchen just in DIESEM Moment auf die Idee kommt den Hang hinunter zu kullern. Aber auch wenn man nicht draufsteht ist der Anblick überwältigend.

Kjeragbolten, Copyright: Per Eide - Visitnorway.com

Kjeragbolten, Copyright: Per Eide – Visitnorway.com

Wo Berge und Wasser sind, sind in Norwegen natürlich auch Wasserfälle nicht weit. Ich persönlich finde ja den Månafossen zauberhaft. Er liegt südlich des Lysefjords im kleinen Fratfjord, nun ja genauer gesagt, in dem Teil, der bereits verlandet ist. Das Wasser stürzt sich 92m herab und man bekommt gleich eine ordentliche Portion Gischt ab. Und der Weg ist diesmal auch nicht ganz so beschwerlich. Da lacht das Herz des Konditionsschwachen. 😉

Bei all den Natürschönheiten will ich aber auch Stavanger selbst nicht vernachlässigen. Hier kann man sich dem Thema Öl natürlich nicht entziehen, immerhin sind hier eine ganze Menge internationaler Öl-Konzerne ansässig und natürlich auch der norwegische Öl-Riese Statoil. So gibt es hier denn auch konsequenterweise das Öl-Museum. Klingt vielleicht zunächst nicht spektakulär, aber ich muss sagen, dass sich ein Besuch wirklich lohnt. Wer weiß schon wie es auf einer Ölbohrinsel zugeht. Dank der vielen interaktiven Stationen ist man hinterher deutlich schlauer. Ja das Arbeitsleben im Ölgeschäft ist zuweilen ein hartes.

Und wenn man Museumstag hat, sollte man gleich das Norwegische Konservenmuseum mitnehmen. Wie bitte? Konserven? Ja Konserven. Stavangers zweites Industriestandbein bis 2002. Bis dahin wurde von fünfzig Unternehmen alles eingedost, was in Dosen zu konservieren ist. Zugehöriges Museum ist deshalb auch in einer alten Konservenfabrik untergebracht. Wer hier vorbei schaut, besichtigt alte Arbeiterwohnungen, lässt sich geräucherte Sardinen schmecken und erfreut sich an den alten Werbekampagnien für Konserviertes. Und die Straßen drumherum ums Museum können sich auch sehen lassen. Das Gamle Stavanger entzückt mit typisch norwegischen Holzhäusern in strahlend weiß. Fürs Norwegen-Herz.

Gamle Stavanger

Gamle Stavanger

Und auch Sonnenuntergang kann Stavanger. Und wie! Geradezu imposant ist der Blick auf die Stadt, wenn sie in gelb-violettem Licht erstrahlt und das Wasser den warmen Farbenschein zurück gibt. Insellage hat durchaus Vorteile. Also auf in Norwegens Süden und den Zauber in sich aufnehmen! 🙂

Der Akerselva – 10km Wanderglück oder der heimliche Naturstar von Oslo

Das Argument „In der Stadt gibt es ja keine Natur“ kann man in Oslo getrost vergessen. Die Hauptstadt überzeugt einen einfach mal so eines Besseren. Einer meiner Lieblingsorte der Stadt ist ja der Fluss Akerselva. Vor allem Sonntag morgens. Der Fluß animiert mich regelmäßig am Wochenende früh aus den Federn zu springen, die Kamera zu zücken und meine Kondition mit einem Fußmarsch zu verbessern. Besonders jetzt im Herbst wenn die Blätter beginnen zu leuchten.

Also auf zum Maridalsvannet, dem größten See Oslos, der an sich schon einen ausführlichen Spaziergang wert und Ausgangspunkt der Wanderung ist. Aber diesmal will ich kein See-Feeling, sondern mich an der Schönheit der Flussnatur laben, vor allem weil ich weiß, dass auf halber Strecke die köstlichsten Waffeln der Stadt winken. Marschiert man durch, braucht man für die Wanderung ca. zwei Stunden, aber das wird der zauberhaften Strecke nicht gerecht. Und diesmal schon gar nicht, da nach regenreichen Tagen die Wasserfälle entlang der Flussstrecke zu imposantem Getöse anschwellen und man in Form von Gischt auch noch die Sonntagmorgendusche ersetzen kann. 😉 Also Zeit einplanen.

Ich starte somit am See und habe nach kurzer Zeit vergessen, dass ich mich überhaupt in einer Stadt befinde. Das Laub leuchtet schon zartgelb, die Daddys schieben stolz ihren Nachwuchs an der Strecke entlang, die Jogger schwingen sich auf zum Frühsport und ich genieße den idyllischen Anblick zusammen mit der Aussicht auf Enten, Äste, die sich tief über den Fluß neigen und die frühherbstliche Morgensonne, die sich ihren Weg durchs Geäst sucht. Deshalb muss ich auch so ungefähr auf jeder zweiten Parkbank mit meinem Coffee to go innehalten und einfach nur die Seele baumeln lassen.

Akerselva, Copyright: insidenorway

Akerselva, Copyright: insidenorway

Und bald schon kommt das Getöse näher. Es ist ja auch unüberhörbar, auch wenn der obere Wasserfall noch der kleinste ist, macht er Krach für zehn. Zwischendurch überquert man den Fluss immer wieder mal und direkt über den Wassermassen stehend gibt man sich fasziniert der Naturgewalt des Wassers hin. Auch die Brücken sind übrigens zauberhaft, aus Holz, mit weißlackierter Aufhängungskonstruktion. Idyllisch. Und natürlich befinden sich an einer auch zahlreiche Liebesschlösser. Romantisch.

Ja und wie ich schon sagte, kommt man nach halber Strecke an Hønse-Lovisas hus vorbei, einem der zauberhaftesten Orte von Oslo wie ich finde. Benannt nach einer literarischen Figur und 1800 gebaut, schmiegt sich das Häuschen mit seinem roten Anstrich an den großen Wasserfall. Zeit für eine Einkehr. Es duftet herrlich nach frischen Waffeln, die mit Rahm und Konfitüre serviert werden. Wenn das Wetter gut ist, sitzt man gleich am Wasser in dem winzigen Garten, mehr Wohlbefinden geht nicht. Gleich gegenüber liegen alte Industriehäuser, die zu Wohnungen umgebaut wurden und mit ihrem Charme jeden entzücken.

Hønse-Lovisas hus, Copyright: insidenorway

Hønse-Lovisas hus, Copyright: insidenorway

Blick von Hønse-Lovisas hus auf die alte Industrielandschaft, Copyright: insidenorway

Blick von Hønse-Lovisas hus auf die alte Industrielandschaft, Copyright: insidenorway

Nachdem ich mir die Waffeln mit einem Kaffee habe schmecken lassen geht es weiter. Der Fluss ist ja noch lange nicht zu Ende. Und ab jetzt bestimmen die alten Industriegebäude auch die Uferlandschaft. Schließlich ist der Fluss ja auch die Wiege der Industrialisierung in der Hauptstadt. Oslo hat hier jedoch eine perfekte Symbiose geschaffen und die Bauten einfach zu Cafés, Galerien, Künstlerherbergen und Kultureinrichtungen umfunktioniert. Das Ergebnis: der Akerselva kommt auf diesem Abschnitt herrlich bunt daher, Backsteinfronten wechseln ab mit Graffiti-Häuserfronten, die selbst bei trübem Wetter ein Leuchten in den Tag bringen. Zwischendurch sollte man unbedingt links und rechts in die Gassen schauen, denn auch hier tun sich zuweilen entzückende Hinterhöfe auf.

Akerselva, Copyright: insidenorway

Akerselva, Copyright: insidenorway

Als ich im Stadtteil Grünerløkka angekommen bin gehe ich wieder an „Deck“, sprich hinauf in den Stadttrubel. Und das ist wirklich so, denn einige Streckenabschnitte sind tiefer gelegen, so dass man förmlich in die Natur „abtaucht“. Deshalb sind nach starken Regenfällen auch manche Uferregionen überflutet.

Für dieses mal ist die Wanderung also beendet. Bis zum nächsten Walk am Naturstar von Oslo. 🙂 ❤

Oppland oder wo der Herbst 1.000 Farben hat

Ja, der Herbst. Er ist da. Unmissverständlich. Zeit sich von Oslo aus auf zu machen in die Provinz Oppland. Denn da hat er bereits im September sein buntes Kleid angelegt. Und WIE bunt. Acht Uhr: Abfahrt. Mit dem Auto geht es 200km Richtung Norden. Bereits die Fahrt ist ein optisches Fest. Kaum aus Oslo raus beginnt der Mjøsa-See, mit 117km der längste See Norwegens. An ihm werden wir nahezu die gesamte Strecke entlang fahren.

Mjøsa-See, Copyright: insidenorway

Mjøsa-See, Copyright: insidenorway

Und in der kühlen Morgenluft liegt er besonders schön da. Das Wasser ist aalglatt und hat bereits eine winterliche tiefblaue Farbe. Nein, ich möchte zu diesem Zeitpunkt kein Bad ausprobieren.  Halt machen könnte man allerdings alle paar Meter um die Kamera zu zücken und die bezaubernde Stimmung einzufangen. Haltebuchten sind an der Strecke allerdings nur spärlich verteilt. Am Ende des Sees liegt Lillehammer, in den Berg geschmust, über der Stadt die Sprungschanzen der olympischen Winterspiele 1994. Und wenn man schon mal da ist, sollte man gleich auf einen Sprung nach Lillehammer hinein fahren. Die Innenstadt ist klein aber fein und die Olympia-Anlage lohnt ebenfalls einen Abstecher. Nun ja, vielleicht nicht ganz so imposant wie der Holmenkollen in Oslo, aber dafür schwebt der olympische Geist noch irgendwie über dem Gelände.

Lillehammer, Copyright: insidenorway

Lillehammer, Copyright: insidenorway

Aber wir wollen ja weiter. Unmittelbar nördlich von Lillehammer beginnen die zarten Ausläufer des Jotunheimen-Gebirges. Der Peer Gynt vegen erscheint uns als Route genau richtig, ein Rundweg von gut 80km und man kann nach Herzenslust aus dem Auto aussteigen um die Natur zu genießen. Und die meint es zunächst nicht gut mit uns. Auf einer Schotterpiste geht es hoch in die Berge, der Nebel hängt teilweise auf Augenhöhe und entgegen der frühherbstlichen 15 Grad in Lillehammer sind hier oben gerade mal 3 Grad drin. Brrrrrrrrrr. Aber was macht das schon, wenn sich plötzlich der Nebel lichtet und sich ein Teppich von Herbstfarben ausbreitet. Nach einer halben Stunde können wir schon nicht mehr zählen wie oft wir angehalten haben. Und die 80kr, die man zahlt, um den Peer Gynt vegen zu passieren, bekommt man hundertfach von der großartigen Natur zurück. Wasserfälle, Seen, Gräser und viele kleine norwegische Berghütten zaubern einem Herzchen in die Augen. Ja vi elsker dette Landet!

Peer Gynt vegen, Copyright: insidenorway

Peer Gynt vegen, Copyright: insidenorway

Und dazu die Farben! Überall leuchtet es in Orange- und Brauntönen, das Wasser der Seen ist glatt wie ein Spiegel, nichts scheint die Natur hier stören zu können. Ein Elch wäre jetzt noch angebracht. Aber die Kameraden lassen sich nicht blicken. Wahrscheinlich rasten sie irgendwo und lachen sich über uns Naturbewunderer kaputt. Nur zwei Kühe traben gemütlich über die Straße. Und überall: Schafe über Schafe. Sie liegen relaxt auf den Wiesen und bei wärmeren Temperaturen könnte man sich glatt dazu legen. Wer mehr als einen Tag Zeit hat kann gleich noch weiter fahren in den Rondane Nationalpark, der sich nach Norden anschließt. Und auch wir überlegen angesichts der atemberaubenden Natur eine Spontanübernachtung dran zu hängen. Oder gleich drei Wochen zu bleiben! 😉

Als wir am Abend doch auf dem Rückweg nach Oslo sind kann uns selbst der Platzregen nichts anhaben, der eine Autostunde vor der Hauptstadt beginnt, denn wir nehmen die Herbstfarben Norwegens im Herzen mit. Nachmachen erwünscht! ❤ 🙂

Fjordidylle? – in Norwegen gibt es auch Städte! Ja ok, die Natur ist immer dabei.

Für manch einen ist die Existenz von Städten in Norwegen eine Überraschung. Denn kaum jemand fährt wegen der Städte dorthin, Oslo vielleicht ausgenommen. Die meisten sind eher durch Fjorde, Angeln, Berge, Wandern oder was man eben sonst so in der Natur macht, motiviert nach Nordeuropa aufzubrechen. Ok, Mitternachtssonne und Polarlichter sind auch ein Thema. Aber es gibt sie tatsächlich. Städte in Norwegen. Und darunter einige wirklich sehenswerte. Bei mir hat sich ja im Laufe der Zeit so etwas wie eine Städte-Highlight-Liste manifestiert. Obwohl es zuweilen schwierig ist alle Städte miteinander zu vergleichen, weil sie so unterschiedlich sind, schon allein der extrem unterschiedlichen geographischen Lage wegen.

Mein Liebling ist und bleibt ja Oslo, weil es sich dort nicht nur wunderbar leben lässt, sondern weil die Hauptstadt an Dynamik nicht zu übertreffen ist, trotz der Größe einen Mega-Gemütlichkeitsfaktor hat, viel Kultur, viel Freizeitvergnügen, eben von allem das meiste in Norwegen. Hauptstadt eben. Jeder fünfte Norweger lebt hier.

Oslo, Copyright: insidenorway

Oslo, Copyright: insidenorway

Aber da gibt es ja noch mehr. Eine meiner Lieblingsstädte ist ja nach wie vor Bergen in der Provinz Hordaland und so ziemlich das größte Regenloch des Landes – obwohl: hatte ich bei meinen Besuchen immer nur Wetterglück oder stimmt das mit der regenreichsten Stadt Europas gar nicht. 😉 Regen hin oder her, die Stadt hat ne Menge zu bieten, von den berühmten Hansehäusern über den Fischmarkt, Aussichtsberge, Hurtigruten, Museen und und und. Und auch das Umland kann sich sehen lassen. Der Hardangerfjord liegt in der Nähe…..ups….doch schon wieder Natur. Ich glaube, genau DAS macht den Reiz der meisten Städte in Norwegen aus. Wenn man vom Trubel genug hat, kann man ruckzuck in der Natur auftanken. Und zwar in Natur der Marke „Atemberaubend“.

Nicht ganz so weit von Oslo liegt ja noch Lillehammer. Irgendwie wird die Stadt gerne vergessen stelle ich fest, die meisten erinnern sich gerade noch, dass da mal olympische Winterspiele waren. 1994. Aber das ist ja schon zwanzig Jahre her. Den Olympia-Park kann man natürlich heute noch besichtigen, im Sommer steht die Anlage ein bißchen traurig herum, nun gut, Skisprungschanzen beeindrucken eben am meisten im schneebedeckten Zustand. Die herrlich bunten Holzhäuser in der Innenstadt sind allerdings zu jeder Jahreszeit ein Highlight und erst recht der 117km lange Mjøsa-See, an dessen Nordufer die Stadt liegt. Merke: schon WIEDER Natur. 😉

Lillehammer

Lillehammer

Wechseln wir an die Westküste. Gut 300km nördlich von Bergen liegt Ålesund, definitiv auch einer meiner Favoriten. Hier gibt es Jugendstil bis zum Abwinken, den Atlantic Sea Park, die Stadt verteilt sich auf mehrere Inseln und nicht zu vergessen: die blaue Stunde. Im Grunde bezeichnet die „blaue Stunde“ nichts anderes, als dass das Blau des Himmels seine spektrale Zusammensetzung ändert. Physikalisch unromantisch und überall auf der Welt vorkommend, aber in Ålesund ist sie eben besonders zauberhaft. Für die Natur-Unersättlichen: der Geirangerfjord liegt vor der Tür.

Noch weiter nördlich liegt Trondheim. Der Stadt ist in unserem Blog ja schon ein eigener Artikel gewidmet. Nidaros-Dom, Stiftsgården (das größte Holzpalais Skandinaviens) und Kanalhafen gehören zum Pflichtprogramm.

Blaue Stunde in Ålesund, Copyright: Per Eide/visitnorway.com

Blaue Stunde in Ålesund, Copyright: Per Eide/visitnorway.com

Noch weiter nach Norden geht es. 350km nördlich des Polarkreises lockt Tromsø. Wahrzeichen ist die Eismeerkathedrale und sie ist auch unübersehbar. Außerdem ist der nördlichste botanische Garten der Welt ein Muss, alles, was in anderen Botanischen Gärten vor Wärme umkommt, erfreut sich hier regen Wachstums. Und dann Polaria, arktisches Aquarium, das einen in die Tierwelt der Arktik entführt, für alle, denen es zu kalt ist selbst im Polarmeer rumzutauchen. 😉

Schluss ist mit Norden allerdings noch nicht. Aber die Städte, die in Richtung Pol jetzt noch ausstehen, können flairmäßig ihre geographische Lage nicht verleugnen. Ich stelle fest, das Stadtfeeling nach Norden ab- und Natur eindeutig zunimmt. In Kirkenes zum Beispiel. Ja die Stadt an sich kann man keine architektonische Perle nennen und norwegisches Bilderbuchflair? Nein, nicht wirklich. Eher Grenzfeeling. Bis Finnland sind es 35km, bis Russland nur 10km. Gut, also wir schwenken wieder in die Naturaktivitäten. Und die sind erstklassig. Schneemobil, Flussboot, Quad, Wander- und Angeltouren, Königskrabbensafari, Eisfischen und Hundeschlitten. Langweilig wird es nicht. Im Sommer kommt die Mitternachtssonne hinzu, im Winter die Polarlichter. Das teilweise städtebauliche Grauen denkt man sich weg. 😉

Königskrabbensafari bei Kirkenes, Copyright: Terje Rakke/Nordic Life - Visitnorway.com

Königskrabbensafari bei Kirkenes, Copyright: Terje Rakke/Nordic Life – Visitnorway.com

Ja und jetzt? Jetzt ist Europa zu Ende. Moment, nein da ist noch was. Etwas, das ganz einsam im Nordpolarmeer liegt, eine Inselgruppe, die wie ich finde zu den norwegischen Highlights gehört. Spitzbergen. Oder Svalbard, wie es in Norwegen heißt. Natürlich gibt es auch hier eine Stadt, mit dem abenteuerlichen Namen Longyearbyen, eine der nördlichsten Städte der Erde. Mit dem Prädikat „Stadt“ ist dann aber auch schon alles über Longyearbyen gesagt, der Bergbaufreak ergötzt sich an den alten Bergbauzechen. Alle anderen ergötzen sich an der Natur. Also das mit dem „Stadt ohne Natur“ scheint in Norwegen nicht zu gehen. 😉 Aber man befindet sich hier ja auch wirklich, wo sich die Polarfüchse nicht nur sprichwörtlich gute Nacht sagen. Ebenso die Eisbären, Svalbard-Rentiere und Svalbard-Gänse.

Longyearbyen, Spitzbergen

Longyearbyen, Spitzbergen

Fazit: Stadt und Land lassen sich in Norwegen eben doch nicht so richtig trennen. Das ist der Zauber des Landes. Der Glamourfaktor nimmt nach Norden immer weiter ab. Und über den Norden da sagte einmal ein Norweger zu mir: Landsbygda er ikkje for sveklingar! (Die Landschaft ist nichts für Weicheier) Das sind wohl wahre Worte und ein Grund über seinen Weichei-Faktor hinauszuwachsen. Die Belohnung: ein erfülltes Norwegen-Herz!