Gletscherglück am Polarkreis – am Svartisen trifft Landschaftsfeuerwerk auf Eiszeit

Also in Norwegen tummeln sich ja so einige Gletscher. Der zweitgrößte ist der Svartisen. Grund genug, ihm einen Besuch abzustatten. Von Ørnes aus mache ich mich auf den Weg und bin gespannt, wieviel Eis sich denn da so den Berg hinab wälzt. Die meisten Gletscher sind ja eher von der Sorte rückläufig, da die Erderwärmung ihnen allgemein nicht zuträglich ist.

Nun ja, zunächst mal lege ich ein paar Kilometer mit dem Boot zurück um zum Svartisen zu gelangen. Die Küste ist hier einfach zauberhaft und die ganze Gegend um Ørnes herum gehört sowieso zu meinen liebsten Küstenabschnitten. Ich liebe die lauschigen Inseln, vor denen die kleinen Boote schlafen. Eine gute dreiviertel Stunde sausen wir mit dem Boot Richtung Gletscher. Und siehe da, auf einmal zeigt er sich. Zuerst noch zaghaft hinter der Felskuppe, dann in voller gletscherblauer Pracht. Ok, ich gebe zu, wer in Grönland oder auf Spitzbergen war, wird beim Anblick nur müde lächeln, ob der vergleichsweise lächerlich mickrigen Eismenge. Aber wenn man sich unvoreingenommen an den Svartisen heran arbeitet, erzeugt er schon eine gewisse Ehrfurcht. Jedenfalls finden das bei uns im Boot so ziemlich alle. Die Sonne hat sich netterweise zu uns bequemt und bringt das blaue Eis auf der Gletscherzunge zum strahlen.

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Copyright: insidenorway

Mucksmäuschenstill ist es auf einmal. Ja in so einem Moment ist man eben doch naturandächtig. Nun aber erst einmal mit dem Boot anlegen und näher ran. Schließlich will man das Eis in vollem Umfang geniessen. Ein drei Kilometer langer Wanderweg führt bis an den Gletschersee. Auch hier muss man pausenlos links und rechts gucken, weil man einfach in Verzückung gerät, so schön ist die Landschaft. Und auch, dass ich mich geographisch nördlich des Polarkreises aufhalte, ist temperaturmässig heute eher nicht spürbar. Quasi alle zehn Meter muss man ein Kleidungsstück abwerfen. Warm ist es. Am See angekommen habe ich mich dann des Zwiebellooks komplett entledigt und wäre für einen Kleidungssklaven zu haben, der mir den ganzen Kram abnimmt. Inzwischen hat die Sonne die Wolken ins nirgendwo geschickt und sie scheint, 24 Stunden im Moment. Als geologischer Dummie finde ich ja faszinierend, dass die Sonne den Gletscher nicht einfach in ein paar Stunden wegschmelzt. Aber bei 200m Eisdicke haben sich die Eismoleküle wohl so miteinander verbandelt, dass sie der Sonne trotzen, zumindest der Grossteil.

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Nähe Svartisen, Copyright: insidenorway

Am See angekommen, strahlt es türkis. Das Gletscherwasser, das den See gebildet hat, spielt hier wirklich optisches Farbenfeuerwerk. Deshalb: hinsetzen, herumgucken, geniessen. Eigentlich könnte man hier stundenlang sitzen bleiben. Ja und da ist es wieder: das Bewusstsein, dass Norwegen in punkto Natur bei der Schöpfung der Welt ziemlich gut abgeschnitten hat. Um den See optisch zu überbrücken ist das Fernglas hier Gold wert – oder das Tele-Objektiv. Das lässt einen so richtig in die Struktur des Eises blicken. Das mit den zweihundert Metern Dicke finde ich jetzt noch faszinierender, stellenweise türmt sich das Eis auch auf achthundert Meter auf. Die Gesamtmenge, die da so den Hang hinab fliesst, mag ich mir gar nicht vorstellen. Aber sie ist auch nicht wichtig um diese Naturgewalt eindrucksvoll zu finden. Das Eis, von dem der Svartisen seinen Namen hat aber, nämlich die tiefblaue Farbe der inneren Eisschichten, hält der Gletscher allerdings geheim.

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Copyright: insidenorway

Nach der ausgiebigen Pause am Gletschersee geht es zurück. Eigentlich könnte man sich jetzt bereits zufrieden zurücklehnen und von der gewaltigen Natur zehren, aber die Rückfahrt hält noch ein zusätzliches Bonbon bereit.

Möwen scharen sich heute in rauen Mengen um unser Boot. Die Vögelchen an sich sind ja noch kein so außergewöhnliches Ereignis, denn sie fliegen ja bekanntlich in Scharen überall in Norwegen herum. Heute jedoch locken sie mit ihrem Geschrei den König der Lüfte herbei. Familie Seeadler befindet sich im Moment bei der Brutpflege und Klein-Adler braucht etwas leckeres in den Schnabel. Und wo Möwen sind, ist Nahrung nicht weit. Zeit für Familie Adler nachzuschauen, ob der ein oder andere Fisch drin ist. Und so kreisen sie denn auch galant über uns um nach Seeleckereien Ausschau zu halten.

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Copyright: insidenorway

Die Taktik „kreisen, Sturzflug, Fisch angeln, verschwinden“ ist nicht gerade das, was man sich wünscht um sie fotografisch zu erwischen, aber Fotoshootings stehen eben nicht auf Adlers To-do-Liste. Trotzdem flattern sie uns freundlicherweise ein paarmal eindrucksvoll vor die Linse. Die restliche Zeit geniessen wir mit den Augen diese unglaublich schönen stolzen Vögel. Bleibt auch vielmehr im Herzen! ❤

Nach der der überaus eindrucksvollen Flugshow geht es dann aber im Sauseschritt zurück, wir sind randvoll gefüllt mit Natur der Extraklasse. Fazit: auch wenn der Svartisen-Gletscher sicherlich nicht zu den flächenmässig grössten der Welt gehört, lohnt sich ein Besuch auf jeden Fall. Zum Staunen, zum Entschleunigen, für das Norwegenglück, um seinen Moment inside Norway zu finden! ❤ 🙂

2 Gedanken zu “Gletscherglück am Polarkreis – am Svartisen trifft Landschaftsfeuerwerk auf Eiszeit

  1. Nicht am See umkehren, sondern bis zum Gletscher hin wandern! Das dauert zwar etwas länger, aber man sieht das Eis in seiner ganzen blauen Pracht und bekommt auch ein besseres Gefühl für die Mächtigkeit der Eisschicht.

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